Alter Lith (Update))

Allmählich finde ich den Weg zurück in die Dunkelkammer. Zwar fehlt es mir noch immer an der gewissen Gier, doch was eher emotionslos produziert die Fotoschalen verlässt sieht nicht so schlecht aus. Zur Zeit steht mir nicht der Sinn nach Pinselentwicklung oder quälen bis zum Farbstoffbild. Für die Arbeiten rund um den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee greife ich auf das Lithprinting zurück, verfeinert mit Moersch’s LITH Omega. Auf Selen als Toner verzichte ich ganz. Dieser Toner kommt bei mir nur noch dann zum Einsatz, wenn ich das besagte Farbstoffbild verstärken möchte und das typische Schwarz ganz oder nur teilweise mit einer Bleiche entfernen werde. Ziel ist der Vintage-Retro-Look von vor über 100 Jahren oder so.

Zurück zum Lith. Anfänglich war noch keine rechte Freude über die Ergebnisse da. Ich fand sogar, dass die Farbigkeit dem Thema Jüdischer Friedhof abträglich ist. Auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass zumindest ein paar Tote daran Gefallen finden. Aktuell brauche ich den Rollei Superlith auf, ziehe ausschließlich auf Fomatone ab. Was mich immer wieder stört ist der weite Bereich des Kontrastes, Farbigkeit und unterschiedliche Ausbildung der ach so wichtigen ‚Infektiösen Entwicklung‘, wird mit frischen Lith-Bädern gearbeitet.

Ganz pragmatisch habe ich ein Experiment gewagt: In einer dunklen Plastikflasche (500 ml) fülle ich randvoll altes Lith-Entwicklerbad ab. Diese bernsteinfarbene Soße kippe ich beim nächsten Lithprint in die Fotoschale und frische mit 100 ml Wasser, 10 ml Teil A und 8 ml Teil B auf. Das Bad hält, je nach Motiv und Belichtung (ca. 180 lxs für Schwarz im Abzug) etwa fünf bis sechs Print. Gefühlt sind – im Vergleich zu frischen Bädern – auch die Entwicklungszeiten moderat kurz und annähernd gleich. Die sogenannte ‚Infektiöse Entwicklung‘ verläuft zahm und damit für mich kontrollierter. Dieser ‚Alte Lith‘ bildet für mich auch die Grundlage der Lith-Rückentwicklung, die von anderen in hauchdünnen und angeheizten Lithbädern ausgeführt werden.

Alte Pfade – Ein Grabfeld – Jüdischer Friedhof Berlin-Weißensee
Nr. 0899
Unikat: Bei Kaufinteresse Größe und Medium bitte erfragen
(c) 2017 Lichtbildprophet

Nach diesem Muster entwickle ich nun schon über Monate Lithprints, weshalb ich nicht von einem Ausreißer oder ähnlichem reden kann. Dieser Weg scheint mir kontrollierter abzulaufen als das Impfen eines frischen Bades mit altem Lithentwickler. Ist meine Lith printing-Session zu Ende, fülle ich die bereits erwähnte schwarze Plastikflasche bis an den Rand ab. Die restlichen Tropfen wandern in den Sammelbehälter. Das alte Lithbad bleibt – ungekühlt – bis zur nächsten Runde auf dem Arbeitstisch stehen.

Update 23. Juli 2017
Mittlerweile frische ich meinen ‚Alter Lith‘ auch mit Moersch’s SE 5 Lith auf. Des Weiteren habe ich die Bewegung der Arbeitslösung auf mein gewünschtes Resultat im Abzug angepasst. Leitlinie ist die Agitation bei der Negativentwicklung:

Kontrastreich – Arbeitslösung in der Entwicklungsschale in Bewegung halten
Retro/Vintage-Look – MakkerRony Move (Print anfänglich für 30 bis 60 Sekunden bewegen, danach liegen und entwickeln lassen).

Je mehr lokale Nester der ‚Infektiösen Entwicklung‘ gewünscht sind, umso mehr halte ich mich mit der Bewegung des Prints in der Arbeitslösung zurück. Auch wenn der Print aufschwimmt, wird er nicht heruntergedrückt. Kontaktstellen Luft/Entwickler fördern die ‚Infektiöse Entwicklung‘ – vorzugsweise eben am Rand.

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.