Alle Jahre wieder

Tradition ist Wiederholung und damit für den gutmenschlichen Homo digitalis ein absolutes Grauen. Mich graut es auch, vor allem meine Haare. Homo digitalis braucht immer etwas Neues. Einfach und bequem. Ohne Rast und Luft zu holen ist er permanent auf der Suche nach dem Kick für mehr Klicks. Es ist im weltberühmten Lichtbildprophet Tradition, und damit eine Wiederholung, dem geneigten Leser die Zeit zwischen den Feiertagen mit hochnotpeinlichen Digitalaufnahmen zu versüßen. Teilweise haben die ungeliebten Meisterwerke bis zu zwanzig Jahre auf den Buckel.

Ja, auch der Großmeister der Analogfotografie ist älter geworden und war einst dem Digitalwahn verfallen. Doch er konnte davon erfolgreich therapiert werden. Was geblieben ist, das sind die Aufnahmen.

Die Auswahl ist willkürlich getroffen und die preisgekrönte Redaktion weiß nicht, ob nicht einige Bilder bereits gezeigt wurden. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte hat Herr Makkerrony einfach den Überblick verloren. Mit dieser Bombensensation sei über die Feiertage zum Jahreswechsel eine einfach wie bequeme und vom vollen Erfolg gekrönte erholsame Zeit gewünscht. Hoffentlich kriegen wir dummen Menschen im nächsten Jahr den einst wunderschönsten Ort im Universum, unsere Erde, endlich so richtig schön kaputt.

Loblied auf die einzig wahre Kamera

Mir steht der Sinn, ein Loblied auf eine Kamera anzustimmen. Es ist keine Canonknipse, keine Nikon oder wie die anderen großen Player unter den Kamerahersteller auch heißen. Es ist eine analoge Kamera. Sie braucht keine Speicherkarte, lediglich ein passender Film ist einzulegen. Dann sind noch drei LR44-Batterien notwendig und schon kann Mensch mit ihr nach Herzenslust knipsen. Zugegeben, es ist passend zum Film noch die richtige ISO-Zahl einzustellen, ein Hebelchen auf Automatik zu stellen und eine Distanz zu wählen. Aber dann kann es endlich losgehen. Ganz einfach und bequem, ein voller Erfolg garantiert.

Die – für mich – einzig wahre Kamera kann eine Diva sein. So zickt sie bei alten ORWO NP22-Filmen rum. Ich habe keine Ahnung, vermute jedoch, dass es an der Dicke des Trägermaterials liegt. Moderne Filme nimmt sie dagegen widerspruchslos in sich auf, Hauptsache sie passen irgendwie zu den einstellbaren Empfindlichkeiten. Ich mag es mit langsamen ISO 25 zu knipsen, auch wenn das Wetter nicht danach ist. Selbst Portraitserien habe ich mit ihr aufgezeichnet. Schöner kann Unschärfe nicht sein, vor allem wenn Motiv und Kamera sich bewegen.

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Die Lichtbildschreibmaschine

Schwulstige Süßholzraspler behaupten, dass ein von ihnen geschaffenes Bild mehr als tausend Wort sagen soll. Allein der Gedanke, dass das sinnlose Digitalgeknipse a la Instagram so viele Worte hervorrufen könnte, macht dem großen Makkerrony Angst. Dabei lässt sich konstruktive Kritik mit drei bis sieben Worten kurz und knackig auf den Punkt bringen: Das Bild ist echt Scheiße! Der sensible Homo digitalis wird schockechauffiert von Mobbing und seelischer Grausamkeit stammeln, doch das ist egal. Der Verursacher der Bildergülle macht sich schließlich auch keine Gedanken darüber, welch Augenschmerzen seine produzierte Grütze bereitet.

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Lustwandeln im Mittelformatarchiv

Ich weiss gar nicht, ob und wann es in meiner dilettantischen Autodidaktenkarriere schon einmal vorgekommen ist, dass sich kein Modell für künstlerische Aufnahmen mit dem weltberühmten Makkerrony a.k.a. Lichtbildprophet gefunden hat. Es gab ein paar Anfragen, nur waren diese männlich und von den wenigen weiblichen Interessentinnen nicht wirklich Ernst gemeint.

So bleibt mir Zeit und ich nutze sie, um in meinem Mittelformatarchiv zu stöbern. Immerhin habe ich meine analoge Karriere mit dem Mittelformat begonnen und bin erst später aus Bequemlichkeit zum Kleinbild gewechselt. Über zwölf Jahre selbstgeknipstes Negativmaterial stecken in nur einem A4 Ordner. Ein Klacks, gegenüber den drei gefüllten A4-Ordnern mit Kleinbildnegativen. Hinzukommt, dass die Mittelformatnegative von mir zumeist hybrid verarbeitet sind: Negative gescannt und dann das Ergebnis mit Photoshop vergewaltigt.

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Ende Pausenbilder – Es geht analog weiter!

Am 10. August diesen Jahres zeigte der weltberühmte Lichtbildprophet hier die letzte Bildarbeit, die im mittlerweile aufgelösten Atelier Flackerlight angefertigt wurde. Es handelt sich um einen Ronymol-Abzug auf überlagertem ORWO-Dokumentenpapier. Die Aufnahme selbst ist bereits ein paar Jahre her. Anfang 2024 habe ich damit begonnen, alte Aufnahmen auf ORWO-Dokumentenpapier abzuziehen und sie auf diese Weise neu zu interpretieren. In den Prozess hinein platzte die Entscheidung, Flackerlight dichtzumachen und in unserem Betonpalast einen Raum als Heimatelier zum Knipsen und Klecksen einzurichten.

In der Folge waren seit dem 11. August 2024 hier tagtäglich eine Aufnahme aus dem digitalen Archiv des Lichtbildprophet zu sehen. Die digitalen Arbeiten standen unter dem Motto Classic Digital oder Digital Poison. Was für eine dumme Frage, vor allem auch in Hinblick um den Hype der sogenannten Künstlichen Intelligenz: Mit seinen Fehlern und Schwächen haben analoge Bilder den deutlichen größeren Gestaltungsspielraum, man muss nur die Imperfektion zulassen. Mehr geht einfach nicht, egal wie intelligent der Computer und sein Programm sein mag. Und so stellt sich bei mir schnell Verdruss ein, wie angekündigt 77 Tage hintereinander digitalen Schund und Schmutz zu zeigen.

Auch wenn beim Umzug nicht alles so lief wie geplant, war die lange Pause nicht wirklich notwendig. Anfang September entsteht die erste Bildarbeit in der neu eingerichteten Dunkelkammer und Mitte September geben wir die Räume des Atelier Flackerlight an den Vermieter zurück. Selbst ein Shooting haben die Lichtbildperle und ich gemacht, um ein erstes Gefühl für das neue Atelier und die Tageslichtsituation zu bekommen. Es kann also im Heimatelier weitergehen, wie es Mitte August im Atelier Flackerlight geendet ist:

Handgemachte Qualitätsabzüge auf überlagertem ORWO-Fotopapier von vor 1990, das seines Alters wegen in der Dunkelkammer viel Zuwendung braucht und einen anderen (analogen) Blick auf die Fotografie erfordert.