Im Angebot darf es ruhig ein bisschen mehr sein

Ich gestehe eine kleine Dependance in einer deutschen Fotografengemeinde zu unterhalten. Der Form halber, um die eigene Reichweite zu erhöhen. Real betrachtet bringt mir es relativ wenig, darf man für den Teil- oder Vollzugang monatlich einen Obolus entrichten. Vor allem Liebhaber am ganzen Körper barfüßiger Menschen mag diese unsoziale Praxis aufstoßen, versprechen die Macher der fotocommunity sinnliche Erotik und Genuß. Wurde den Leuten in ihrer Kindheit nicht beigebracht, dass Lügen kurze Beine haben und man immer die Wahrheit sagen muss? Naja, vielleicht laufen in der verantwortlichen Redaktion nur Kurzbeinige rum und keiner sieht es.

Weil Weihnachten ist, gibt es ein nettes Special der Macher:

Das fotocommunity Winter Spezial

Das Winter-Special zum Reinschnuppern und nur 48 Stunden für eine Entscheidung Zeit? Es klingt verlockend die doppelte Zeit zum Testen zu haben …

Ich soll mich, weil ja 50% Nachlass winken, innerhalb von 48 Stunden entscheiden. So kurz vor Weihnachten, wo Zeit scheinbar ausgeht und man glühweinselig in Geberlaune ist. Derart mit Blindheit geschlagen fällt dann nicht auf, dass die angebliche Geberhand der fotocommunity zum tieferen Griff in die Tasche des Abonnenten wird. Die Preisliste, täte ich das Dringlichkeits-Spezial der fotocommunity ausschlagen und normal, ganz freiwillig ein Abo abschließen:

… doch der Gutgläubige hat die Rechnung nicht mit der fotocommunity gemacht, denn die holt sich das verlorene Geld schnell wieder rein. Ein normales Basic-Abo abgeschlossen ist über die Verlängerung hin betrachtet günstiger.

Es lässt sich nicht leugnen, dass für einen kurzem Zeitraum dem Neu-Abonnementen ein Vorteil winkt. Der wird – im Gegensatz zum normalen Tarif – jedoch durch eine erhöhte Grundgebühr pro Monat schnell wieder aufgefressen. Ohnehin handelt es sich bei der Nummer um den schnöden Basic-Tarif, in dem man den feinsinnigen Aktbereich betreten darf und die Colorfoto als ePaper hinterher geschmissen bekommt. Wahrlich Reichweite, die man als verkappter Künstler braucht, generiert man erst mit höheren Beiträgen. Wobei ich fairerweise sagen muss: Das ‚große‘ Premiumpaket (ein Cent unter 16 Euro) enthält ein Adobe Fotografen-Abo mit Photoshop und Lightroom im Wert von ca. 11 Euro pro Monat.

Na, lieber Lichtbildprophet, wirst du da in der Geldbeutelregion nicht schwach um die Hüfte?

Nein! Da ist kein Zucken! Sicherlich hat die fotocommunity nichts zu verschenken, doch was sollen diese Taschenspieler-Tricks? Grundsätzlich ist das ganze Abo-Modell doch nur darauf ausgelegt, kuratierte Wichsvorlagen anzubieten. Welcher ernstzunehmende Fotokünstler ist darauf erpicht von der Masse gevotet zu werden? Anspruch in Bild und Bildaussage geht im lautstarken Getöse in der Bahnhofshalle der teilnehmenden Egoisten unter. Blinde stimmen über Sehende ab, das Ergebnis ist vorhersehbar.

Aus zwei Gründen darf ich mir dieses Urteil erlauben: Zum einen war ich längere Zeit Abo-Mitglied dieser Gemeinschaft*. Des Weiteren hatte ich als Mitglied einer Fotozeitschrift-Redaktion die zweifelhafte Ehre, ausgetragene Wettbewerbe bewerten zu müssen.** Ich hatte den Eindruck, als waren den Siegern des Mitglieder-Votings die Rahmen wichtiger als das Bild und sein Botschaft. Nach diesem Intermezzo verstand ich die Verzweiflung eines Redaktionskollegen, der sich bei mir ausheulte, weil die eingereichten Beiträge der regelmäßig veranstalteten Fotowettbewerbe eine Zumutung und Beleidigung für das Auge sind.

Liebe fotocommunity, Dank für das Angebot und nach einem kurzen Nachrechnen – im Mathekurs aufpassen lohnt sich – habe ich mich gegen euren Versuch euch auf den Leim zu gehen entschieden. Das mache ich auch bei anderen Anbietern so, die mich so offensichtlich übers Ohr hauen wollen. Entweder ihr gebt es aus freien Stücken, wollt wirklich einen zahlenden Abonnenten, oder ihr lasst es sein. Erst geben und dann hinten herum wieder zurückholen, liebe Leute das ist in meinen Augen Betrug!

* Dafür schäme ich mich heute auch wirklich.
** Ich war jung und brauchte das Geld.

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.