Nach einem anstrengenden Arbeitstag mache ich es mir auf der Wohnlandschaft gemütlich. Ich reiche mir dazu einen Gemüsesnack aus Gurken, Sprossen, Salat und Tomate. Warum auf das Geschrei um EHEC hören, wenn es primär norddeutsche Frauen betrifft. Ich bin Mann und lebe in der deutschen Hauptstadt.
So ein spanischer Gurkenbauer hat es auch nicht leicht und Hamburg ist eine schöne Stadt. Sie könnte meine neue Heimat werden, müsste ich Berlin schlagartig verlassen. Also zeige ich mich solidarisch und wage ein kleines apokalyptisches Spielchen mit der eigenen Gesundheit. Alles in mich hinein, wovor lauthals gewarnt wird und niemand wirklich weiss, ob das Grünfutter wirklich dafür verantwortlich ist.
Telefon!
Nicht ins Telefonbuch übernommene Privatnummer, außerdem die Übertragung der Rufnummer ausgeblendet. Trotzdem eindeutiger Rechtslage ist ein Telefon-Supporter am anderen Ende. „Arme Sau“ denke ich so bei mir. Er stört mich beim Chillen und das muss ich ihn spüren lassen.
„Mein Name ist Felix Meyer von der Firma ‚Quatschen bis der Arzt kommt‘ und ich möchte ihnen beim Geld sparen helfen!“
„Das ist schön von ihnen. Aber mal eine andere Frage vorweg: Woher haben sie meine Telefonnummer?“ möchte ich gerne von ihm wissen.
Zugegeben, es ist müßig diese Frage zu stellen. Das Telefonbuch fällt definitiv aus. Vielleicht hat irgendjemand, dem man eine nicht-mobile Rufnummer geben „muss“ und selbstverständlich die Privatsphäre des Kunden respektiert, sie einfach für ein paar Euro vertickt. Möglich wäre es!
Oder ein Wählautomat hat mal alles durchprobiert, was in Deutschland rein theoretisch an Rufnummern gehen müsste. Maschinen sind dumm und tun alles, was Mensch ihnen sagt. Sei es drum. Meister Felix ist erst einmal mit meiner Gegenfrage aus seinem eingeübten Konzept gebracht.
„Die Nummer steht hier in meinem Computer. Ich weiss nicht, wie sie hier reinkommt. Telefonbuch und sie sind doch Kunde bei der Telekom?“
„Ich stehe nicht im Telefonbuch und bin auch nicht bei der Telekom!“
Eigentlich steht mir der Sinn danach, generell den Besitz eines Telefonanschlusses zu leugnen. Oder doch einfach nur auflegen? Locker-lecker liege ich auf der Wohnlandschaft, Füsse nach oben gerichtet. Im werbe- und GEZ-finanzierten TV läuft für mich nichts Sehenswertes. Ich lasse mich auf das Gespräch mit Felix ein, mache ein auf Bleppo und Beschäftigungstherapie für am Umsatz beteiligte Call-Agenten. Eben Zeit schinden, bis Felix das Headset vom Kopf fault!
„Na egal. Sie wollen doch sicherlich beim Telefonieren richtig sparen? Ich kann ihnen dabei helfen!“
„Ich telefoniere kaum. Bin doch kein Mädchen.“
Klischees bedienen: Frauen aller Altersklassen telefonieren viel. Über den Inhalt und Nutzen spare ich mir jeden Kommentar.
„Wenn sie ins Ausland anrufen wollen …“
„Ich telefoniere nicht ins Ausland. Ich kann kein ausländisch.“
„Dann eben deutschlandweit. Das kostet doch richtig viel Geld. Und sie können ganz günstig in alle Mobilfunknetze anrufen.“
„Mach ich auch nicht. Hab nen Handy.“
„Aber die Kinder, wenn sie stundenlang mit ihren Freunden telefonieren wollen. Das kostet doch bei der Telekom …“
„Ich habe keine Kinder. Selbst wenn ich Kinder hätte, dann sollen sie sich mit ihren Freunden in den Park oder wenn es regnet ins Shopping-Center gehen. Da können sie wegen meiner endlos miteinander quatschen. Die sollen mir ja nicht das Telefon blockieren!“
„Und ihre Frau, telefoniert sie?“
„Weiß ich nicht!“
„Warum wissen sie das nicht?“
„Hab keine Frau!“
„Wozu haben sie dann einen Telefonanschluss?“
„Statussymbol. In der DDR hatte ich keinen. Nach der Wende bekam ich den hinterher geschmissen. Internet. Ich hab Internet.“
„Das trifft sich gut. Ich kann ihnen auch beim Sparen mit ihrem Internetanschluss helfen.“
„So? Na was kostet mich das bei ihnen?“
„Nur 15 Euro im Monat. Eine Flatrate. Surfen, solange sie wollen. Und keine tägliche Zwangstrennung wie bei der Telekom.“
„Stört mich nicht. Wenn die Telekom Spaß daran hat meine Leitung einmal am Tag zu kappen, dann soll sie es machen. Bin in solchen Sachen kein Spielverderber.“
Felix schweigt für einen kurzen Moment. Ich möchte das Gespräch an der Stelle noch nicht beenden und hake deshalb nach: „Brauche ich nicht für ihr Angebot einen Telefonanschluss oder wie geht das bei ihnen?“
„Sie brauchen einen Telefonanschluss der Telekom. Ein superschnelles WLAN-Modem bekommen sie dann von uns geliefert. Da können sie ohne Kabel überall in der Wohnung surfen. Das ist doch praktisch, oder?“
„Naja. Stahlbeton. Alles um mich herum ist Stahlbeton. Dann noch im Wohnzimmer ein großes Aquarium für meine Schildkröte. Sieht hier echt bescheiden mit WLAN aus. Mag lieber Kabel. Wie soll ich eigentlich bei der Telekom sparen, wenn ich einen Telefonanschluss von denen brauche?“
„Sie nutzen unsere Flatrate zum Telefonieren und Internet.“
„Ich telefoniere nicht, nur Internet.“
„Dann sparen sie eben beim Internet!“
Allmählich scheint der gute Felix seine Geduld zu verlieren. Seine Neukunden-Akquise wird sicherlich zu Zwecken der Qualitätssicherung aufgezeichnet, obwohl mein Einverständnis dafür nicht vorliegt. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass er das Gespräch noch nicht von sich aus beendet hat. Oder er braucht endlich einen Vertragsabschluss. Der Grund ist mir egal. Ich gebe meine fingierte Wortkargheit auf.
„Ihre 15 Euro plus ein Telekom-Telefonanschluss macht was um die 40 Euro oder so. Ich zahle jetzt 25 Euro. Da spare ich bei ihnen nicht sehr viel oder …?“
„Sie müssten einfach mehr telefonieren. Dann würden sie bei uns auch richtig sparen.“
„Will ich nicht, also mehr telefonieren.“
„Ich möchte ihnen beim Sparen helfen und da sollten sie schon offen und ehrlich zu mir sein.“
„Etwa so wie sie?“
„Zum Beispiel!“
„Deshalb sendet der liebe Felix seine Rufnummer nicht mit? Es kann doch jeder erzählen er sei Felix Sowieso und rufe im Auftrag der Firma XYZ an. Woher weiss ich, dass sie mich nicht anlügen?“
„Wollen sie überhaupt beim Telefonieren sparen?“
„Nöö, ich zahle gerne meine Gebühren an die Telekom. Mein Chef hat ein paar Aktien von denen und nun ärgert er sich, dass der Kurs im Keller ist. Also beteilige ich mich aktiv an der Umsatzsteigerung des Unternehmens Telekom!“
Felix verliert die Fassung: „Sie sind doch nicht normal!“
„Wissen sie was, schicken sie mir einfach ihre Werbeunterlagen per Post zu. Dann kann ich mir alles in Ruhe durchlesen. Wenn sie meine geheime Telefonnummer haben, dann kennen sie sicherlich auch meine Adresse.“
„Das geht nicht. Sie können nur hier am Telefon einen Vertrag mit uns abschließen.“
„Ich brauch was Schriftliches in den Händen. Vorher unterschreibe ich nichts.“
„Wir schicken ihnen alle Unterlagen zu, wenn sie einen Vertrag mit uns abgeschlossen haben.“
„Das mache ich nicht.“
„Warum nicht? Ganz bequem vom Telefon aus sparen.“
„Sie rufen mich ungefragt an, senden keine Rufnummer mit, fragen mich über Dinge aus, die sie nichts angehen. Da müssen sie mir doch das Recht zu billigen, mich über sie bei der Bundesnetzagentur zu beschweren. Und dafür brauche ich ihre Adresse und die senden sie mir mit der Werbepost zu. So hab ich jede Menge Zeit und Aufwand gespart.“
„Arschloch!“
Mein unbekannter Gesprächspartner a.k.a. Felix verliert die Fassung und legt auf!
Felix Verhalten empfinde ich als eine bodenlose Frechheit, denn ich konnte mich bei ihm nicht für seine richtige Einschätzung meines unkooperativen Gesprächsverhaltens bedanken!