Ein Ende verkündet

Jahrtausendwende. Ich bastle an meinem Dipl.Ing.. Eine Kollegin meint zu mir: ‚Such dir rechtzeitig vor Ende deines Studiums, für die Zeit danach, eine neue Beschäftigung!‘ Das tat ich und bewarb mich als Freier Autor beim fotoMagazin.

Mein erstes Artikelthema ist Bildbearbeitungs-Shareware. Dem Redakteur gefällt meine Art, mich wirklich mit den Programmen auseinanderzusetzen. Über die Jahre folgen weitere Artikel für das fotoMagazin, auch andere Printmedien kommen hinzu. Um mit eigenen Bildmaterialien arbeiten zu können, befasse ich mich mehr und mehr mit der Fotografie, wird aber auch Mac OS, Apple und 3D ein Thema für mich. Ein Wunsch ist es ein Buch zu schreiben und den Autor zum Beruf zu machen.

Bezüglich des ‚Berufswunsches‘ tritt schnell die Ernüchterung ein. Drei Bewerbungen haben Erfolg, nur was man bereit ist den Redakteuren zu zahlen spottet jeder Beschreibung. Ich verstehe, weshalb die Branche mehr und mehr auf Freie Autoren wie mich setzt. Es geht nicht um die ‚professionelle Erfahrung aus der Praxis‘. Der fest angestellte Mitarbeiter ist ein nicht unwesentlicher Kostenfaktor, ‚Freie‘ sind billiger und man kann mit ihnen machen was der Verlag will. Muckt der Externe, wird er gegen einen anderen duckmäuserischen Sklaven ausgetauscht.

Das Buch. Es ist eher eine Eigentherapie. Viel Arbeit in möglichst kurzer Zeit lenkt von privaten Katastrophen ab. Mit dem dritten Buch geht diese Therapie auf, der vierte und letzte Titel schreibt sich fast von selbst, wird von der Kritik gelobt und fällt beim zahlungsunwilligen Leser durch. Bücher schreiben macht mich nicht berühmt, reich und sexy! Es folgt meine Abkehr vom Digitalwahn. Im Glauben, digital fotografieren heißt – entgegen der physikalischen Gesetze – zaubern zu können, vermehrt sich das Halbwissen wie räudige Karnickel. Dagegen anzustinken habe ich keine Lust. Ich gehe eine synergetische Gemeinschaft aus Fotografie und Schreiben ein, tippe vom Thema nur noch das was mir – fotografisch-ideologisch- gefällt.

Berufswunsch Autor ade! Was die Verlage zahlen erinnert mich mehr und mehr an eine moderne Form der Sklaverei. Zeichengenau wird großzügig ein Hungerhonorar gewährt, Bilder pauschal abgerechnet. Wer mich und meine Arbeiten (Artikel und Bilder) kennt, der weiß, dass ich mehr Zeit mit den Bildern als mit meinen Texten verbringe. Dafür gibt es von mir keinen Massenrotz oder billige Plagiate. Ich werde antizyklisch bezahlt und das kann auf Dauer nicht gut gehen. Bisher habe ich es nur einmal erlebt, dass mir ein Autorenhonorar doppelt so hoch wie normal gezahlt wurde. Ebenfalls einmal kam es vor, dass der Verlag von sich aus mein Honorar um 25% angehoben hat. Ironie des Schicksals: Beide Magazine gibt es heute nicht mehr.

Ich habe mehrmals über das Aufhören als Freier Autor nachgedacht. Es geschah immer dann, wenn man mal wieder die Finanzschraube angesetzt hat oder wenn mein Blick einen Hersteller oder ein Produkt mit rosaroter Brille sehen sollte. Kommt da der Tipp, ich sollte die angestaubten und bestechlichen Printmedien verlassen und mich im Web als Autor verdingen? Du törichter Narr! Die Sklaverei im Online-Schreiben ist um einiges ausgeprägter, Fachwissen ist hier erst recht nicht gefragt. Und den Leser – wegen der Umsatzzahlen – mit viel Honig um sein Maul schmierend mich prostituieren? Nein Danke! Eigenverlag? Ich bin zwar gern allein aber kein Einzelkämpfer. Doch wer mit an Bord ist, den könnte ich nicht bezahlen. Und der große Traum vom künstlernden Autor ist für mich ohnehin schon längst geplatzt.

Kurz vor meiner Krebserkrankung und der anschließenden Therapie gab es wieder diese Verlautbarung, Buchstabengenau und mit Bildpauschale abzurechnen. Wie sich die Bilder gleichen. Ich könnte jetzt Prophet sein und sagen: Euer Untergang naht. War bei den anderen Verlagen auch so. Man bot mir nach erfolgter Therapie eine Rückkehr an, ich nahm dankend an. Ich wollte es für mich noch einmal wissen. Ist mein Kopf so klar über mein liebstes Thema zu schreiben? Und dann noch ein Porträt über die junge Künstlerin Anna Malina, die keinen kreativen Respekt vor den Klassikern und ihrem Regelwerk hat. Ihr inneres Gefühl passt, Spannendes, Witziges wie auch Überraschendes zu schaffen!

In meiner gesundheitlichen wie emotionalen Lage habe ich die geforderten Zeichen zusammenbekommen, bin mit mir und die Portraitierte ebenso mit mir zufrieden. Aus der Redaktion kam auch ein positives Feedback. Für ein Comeback, es hätte nicht besser laufen können. Und trotzdem stelle ich mir die Frage: Weiterhin ein ‚Freier‘ sein oder nicht?

Nachdem die Sache mit Sauron* zunächst einmal ausgestanden ist, wollte ich mich nicht mehr mit Dingen abgeben, die mir nicht gut tun. Dem Vorsatz sind bereits ein paar Wegbegleiter zum Opfer gefallen. Ihren geistigen Dünnpfiff aus Selbstbetrug und Lügen kann ich mir nicht mehr anhören. Aus einer Verbindung, sei es Bekanntschaft, Freundschaft oder mehr, erwarte ich einen gewissen Mehrwert für mich. Wie zum Beispiel gegenseitigen Respekt, der sich auch im gemeinsamen Umgang niederschlägt. Besagter Mehrwert hat nichts mit finanziellen oder materiellen Werten zu tun. Es geht auch um eine gegenseitige geistige Bereicherung des Lebens.

Ich schreibe jetzt im siebzehnten Jahr über Fotografie, Bildbearbeitung und so weiter. Ich habe es gerne getan, auch wegen der Symbiose, damit mein Hobby Fotografie zu finanzieren. Ich hatte durchweg gute Redakteure an meiner Seite, manche vermisse ich sogar. Was mir fehlt, das ist der Respekt der zahlenden Verlage. Wenn Hersteller ein Scheiß-Produkt haben, dann muss man es ihnen sagen dürfen. Wenn der Leser irgendwo Gratis liest, sich sofort auf den Download stürzt und nicht vorher liest, auf was er sich einlässt (der stundenlange Download umsonst war), dann muss man dem Leser sagen dürfen, dass er blöd ist. Wenn ein Dienstleister überteuerte Produkte verkauft, bei seinen Geschäftspartnern und Kunden über Leichen geht, dann gehört ihm dieser Fakt um die Ohren gehauen. In den ganzen Jahren ist einmal ein Hersteller auf mich zugekommen und hat meiner Einschätzung, hier ein schlechtes Produkt zu vertreiben, bedingungslos zugestimmt. In den ganzen Jahren hat ein Redakteur sich dafür eingesetzt, dass ich für meine Arbeit ein höheres Honorar bekomme. Ansonsten reicht die Respektlos-Palette von Beleidigung über Verleumdung bis signifikante Einschnitte im Honorar. Zu guter Letzt stecken sich die Leute Federn an ohne darauf hinzuweisen, wer die eigentliche Arbeit gemacht hatte. Aber diese Unsitte kenne ich bereits von einigen Modellen.

Ich möchte mich nicht mehr mit Dingen abgeben, die mir nicht gut tun! Die mangelnde Anerkennung gehört wohl mit dazu. Und deshalb beende ich, so kurz vor der Volljährigkeit meiner Autorentätigkeit, dieselbige! So sehr dieser Beitrag nach Abrechnung, Wut und Verbitterung klingt: In ein paar Jahren werde ich mit Wehmut an die Zeit zurückdenken. Ohne Zweifel, sie war schön. Und die paar Arschlöcher, die zum Abschied beigetragen haben, denen sei hiermit vergeben.

* Ich habe meinem Hodgkin Lymphom den Namen Sauron gegeben.

Autor: makkerrony

Der Macher des Lichtbildprophet ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben.