Ich spreche mich hier und öffentlich dafür aus, dass für das Versenden von E-Mails Porto erhoben wird. Genau wie bei Briefen oder Postkarten. Jeder der eine elektronische Nachricht verschicken möchte, muss vorher an den virtuellen Schalter des digitalen E-Mail-Amts, seine Euronen abdrücken und ab geht die Post.
Keinen deutschen Alleingang, sondern eine galaktische Lösung. Nur so lässt sich verhindern, dass selbst Spam-Server im Andromeda-Nebel nicht ohne entrichtetes Porto weiter nerven dürfen! OK, die ach so geliebte Freiheit des Internets wird damit eingeschränkt, andererseits werden wir von jeden lästigen Botschaften befreit, die tagtäglich im Postfach landen.
Ein ungenehmigter Zwischenruf: “Das funktioniert nicht!”
Meine Antwort: “Hat ihnen ihre Mutter nicht beigebracht erst dann zu reden, wenn sie gefragt werden? Weil ich höflich bin und ihre Skepsis verstehe, möchte ich dennoch auf ihren vorlauten Zwischenruf eingehen.”
Heute bin ich wieder mildwürzig!
Also: Eine kleine Geschichte zum Thema. Real erlebt!
E-Mail an mich:
“Endlich habe ich dich gefunden. Wir hatten uns im Club getroffen, unsere Nummern ausgetauscht. Leider hast du mir nicht geantwortet, hast wohl meine Nummer vergessen. Meld dich mal 0179 *Zahlenfolge*.
Machs gut starke Mann, Seena”
*Bauklötzerstaun*
Wann war ich das letzte Mal im Club? War ich jemals in einem Club? Und wer zum Teufel ist Seena? Kenn ich nicht, wirklich!
Ich bin ja nicht neugierig! Doch ich möchte schon wissen, wer da versucht mit mir in Kontakt zu treten. Der Zufall bringt ja einen im Leben weiter! Also reaktiviere ich mein altes Nokia-Handy. Die SIM-Karte sollte noch ein Guthaben für mindestens eine SMS draufhaben. Außerdem befindet sich die Rufnummer auf dem Abstellgleis und ist in ein paar Wochen Mobilfunk-Geschichte.
Ich schreibe der 0179 *Zahlenfolge*: “Sorry, hier muss ein Irrtum vorliegen!”
Senden!
Das gute alte Nokia ist noch nicht einmal aus der Hand gelegt, schon erhalte ich eine Antwort. Die liebe Seena scheint rollig zu sein!
Nachricht lesen!“Herzlich Willkommen bei der 88*Zahlenfolge*66! Um an unserem Chat teilzunehmen, bestätigen Sie diese Nachricht mit einem “JA” im Text. Dieser PremiumSMS-Service kostet 1,99 Euro/SMS.”
Die unbekannte Seena könnte sich für mich zu einer teuren Schnecke entwickeln. Angesicht der leicht überzogenen Gebühren für ein Automatengespräch ist die Sache für mich hiermit beendet. Mal schauen, was Seena macht.
Keine drei Stunden später:
“Hallo Süßer. Warum meldest Du Dich nicht? Ich warte auf Dich, Kuss Anja”
Moment! Hieß nicht Anja vorher Seena? Pseudonymer Alias-Käse jetzt schon im Club, in dem ich noch nie war oder was? Ich gehe ins Bad, wasche mir mein Gesicht und sprühe es danach vorsichtshalber mit Sagrotan ein. Das brennt zwar mörderisch auf meiner sensiblen Männerhaut, aber weiß, wenn die Seena-Anja vor Geilheit heute noch so alles geküsst hat.
Mitten in der Nacht, ich schlafe zu der Zeit!
“Ach man, ich bin total traurig weil du dich nicht bei mir meldest. *HEUL*”
Seena-Anja entwickelt sich für meinen Geschmack zur Terrorzicke. Soll sie ruhig, wozu gibt es den echten Lautlos-Modus mit ohne Vibrationsalarm. Bevor sie mit dem flennen anfängt, sollte sie sich noch ein Kleid anziehen. Typisch Mädchen eben!
Dann tritt plötzlich Ruhe ein. Es vergehen ein paar Tage, ohne dass ich irgendetwas von meinem Zuckerschnäuzchen höre beziehungsweise lese. Sie hat sich in der Zwischenzeit bestimmt Gedanken in ihrem hübschen Kopf gemacht, wie sie mich doch zum Entrichten von 1,99 Euro bringen kann.
“SYSTEMMELDUNG: Sie haben eine persönliche Nachricht. Um sie zu lesen, senden Sie eine SMS mit dem Kennwort “Zahlenfolge”.”
Oha! Mehr fällt mir dazu nicht ein. Nach einer Woche erhalte ich dann folgende SMS:
“SYSTEMMELDUNG: Sie haben eine persönliche Nachricht noch nicht abgerufen. Diese wird demnächst gelöscht. Um die Nachricht abzurufen, senden Sie eine SMS mit dem Kennwort “Zahlenfolge”.”
Die Drohung sorgt bei mir für keine Panik. Soll die “Persönliche Nachricht” doch gelöscht werden, wenn es sie überhaupt gibt.
Bis zum endgültigen Abschalten meiner alten Mobilfunknummer vergehen noch drei Wochen. Weder Seena-Anja noch das System hat sich bis dahin noch einmal gemeldet. Jede SMS hat den Betreibern des Flirt-Chats Geld gekostet. Meine Sturheit, nicht darauf einzugehen, brachte keinen Erlös. Ergo: Ich koste nur und bringe nichts, also werden alle weitere Kontaktversuche eingestellt. Und genauso stelle ich es mir bei E-Mails mit Portopflicht vor!
Ich ärgere mich (wirklich) nicht über Spam. Find ihn sogar lustig. Er liefert Schreibstoff für mich. Dumm nur, wenn mich Chinesen mit ihren traditionellen Schriftzeichen und einer Excel-Datei im Anhang zu bomben. Damit kann ich nichts anfangen, egal ob ich will oder nicht. Das sollte man den kleinen Asiaten mal sagen. Irgendeinen Nutzen soll doch der elektronische Terror haben, und wenn er nur für sie ist.
Da lobe ich mir “schneckenclub.net”. Alles fing so an, dass sich der Betreiber für meine kostenlose Anmeldung bei “sexarena.net” bedankte und ich von ihm prompt einen 10 Euro-Gutschein erhielt.
Vielleicht hat mich wirklich ein von mir genervter Fremdling dort angemeldet. Meine E-Mail-Adresse ist ja kein Geheimnis. Oder meine Adresse wurde im Paket günstig erworben. Keine Ahnung und ist auch egal. Als “Werbung” markiert, landet der Datenmüll sofort im Papierkorb.
SEXARENA gibt nicht auf, bleibt hartnäckig und ist bissig wie ein Punzenlecker. Es folgen Erinnerungen. Weil ich auch sie ignoriere, greift man zu subtileren Tricks: Fortan schreibe ich E-Mails an mich selbst.
Langer Header: from schneckenclub.net!
Ich bin beruhigt. Meine Schizophrenie hat noch nicht das fortgeschrittene Stadium erreicht. Selbst wenn es an dem so wäre, dass der Lichtbildprophet dem mir persönlich oder umgekehrt schreibt, würde nicht so etwas in der Mail stehen:
Zitat Anfang
Sehr geehrte/r NutzerIn,in Ihrem Account befinden sich noch immer 112,50 EUR Guthaben in der Form von drei Gutscheinen für unsere Produkte. Jeden Monat verlosen wir unter allen kostenlosen registrierten Emailadressen in der SEXARENA ein Gutscheinpaket und darüber wurden Sie vor einiger Zeit informiert – dass Sie diese Gutschein jederzeit einlösen können – dies ist aber bis dato nicht passiert! Es entstehen Ihnen keinerlei Kosten für den Monat, Sie können alles kostenlos nutzen!
Ihre Zugangsdaten zum einloggen
***sexarena.tv/index.php?link=login
E-Mail: ***
Passwort: 7**3
Gutscheineingabe über diesen Link > Gutscheincode
***sexarena.tv/index.php?link=coupon
Gutscheincode (37,50 EUR) Pornbuster lautet: tstnur-qmw542-45bn7k
Gutscheincode (45,00 EUR) Ultimate lautet: dx8zhf-ct86ph-nbkmfh
Gutscheincode (30,00 EUR) Photos lautet: wku3br-67y38f-wxezuk
Sollten Sie das Guthaben von 122,50 EUR nicht mehr benötigen, oder Ihre Gutscheine nicht einlösen wollen dann tragen Sie sich aus dem Emaildienst aus, damit wir Ihren Account schliessen können. Wenn Sie Fragen haben wenden Sie sich jederzeit über unser Kontaktformular, oder über den Livesupport an uns. Mehr Informationen finden Sie in Ihrem internen Postfach. Ihr Passwort können Sie jederzeit im Servicecenter ändern.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß,
Administrator
Zitat Ende
Die wundersame Vermehrung des Begrüßungsgeldes in Höhe von 10 Euro zu einem stattlichen Gutschein-Guthaben von über 120 Euro macht eine Rendite von über 1200%. Beachtlich! Die derzeit arg gebeutelten Börsianer würden meine SEXARENA-Aktien wie cremig eingetragene Schuhe von den Füßen reissen. Ich wäre endlich ein gemacht Mann.
Wunschdenken!
Ich finde Sexarena nicht mehr lustig. Und so kommt mein Putziratz-E-Mail-Filter zum Einsatz. Enthält eine elektronische Nachricht das Wort “Sexarena”, wird sie sofort gelöscht. Ganz einfach!
Doch halt! Ob das so gut ist? Was ist, wenn mir Seena-Anja schreibt, dass sie jetzt bei “Sexarena” angemeldet ist und wir dort miteinander kommunizieren können.