Nachgedacht: Ohne Kita-Platz muss Mutter in der Knast

Die Story: Vor ein paar Jahren hat eine zweifache Mutti mit Freund Hehlerware vertickt, ist erwischt und verurteilt worden: Haftstrafe auf Bewährung und Sozialstunden. Weil sie diese – wegen einem fehlenden Kitaplatz – nicht leisten konnte, soll Mutti jetzt in den Knast. Die Boulevardpresse einschließlich TV jault auf, wie grausam das Gericht und der Rest der offiziellen Welt zu dieser jungen Mutter ist.

Moment einmal, liebe Posaunisten! Sicherlich macht jeder mal einen Fehler, vielleicht auch zwei oder drei. Aber noch handelt es sich um eine Strafe und die gab es wohl zurecht. Strafe bedeutet auch, dass man sie ableisten muss. Wenn dieser Mutti wirklich bewusst wäre, was sie getan hat, dass sie mit einer Strafe belegt worden ist und sie diese nun verbüßen muss, dann hätte sie auch ohne Kitaplatz einen Weg gefunden, ihre 40 Sozialstunden zu leisten (zum Beispiel in einer Kindereinrichtung). Was macht Mutti: Sie sucht sich einen Pauschalschuldigen, den Staat, der ihr keinen Kitaplatz gibt. Und sie schiebt den zweiten Schwarzen Peter ihrer Schwester zu, die ihre beiden Lieblinge während des Ableistens der Sozialstunden nicht betreuen will. Weder der Staat noch die Schwester sind für die Strafe verantwortlich. Um es frei herauszusagen: Mutti ist vielleicht etwas unmotiviert, betont träge ihren Hintern von der Couch zu heben und Buße zu tun!

Wenn dieses Bequemchen es bis heute nicht geschafft hat 40 Sozialstunden zu leisten, dann gehört sie eben in den Knast. Und während dieser Zeit werden ihre Kinder anderweitig untergebracht. Mutti wäre nicht die erste, der es so ergeht. Sie hätte im Vorfeld nachdenken und dann handeln sollen. Idealerweise beim Verticken von geklauter Ware. Spätestens nach der Verurteilung.

Ich bin gespannt, was dem Rechtsstaat dazu einfällt, wo jetzt die Presse mit wehenden Fahnen voran gegen diese bodenlose Ungerechtigkeit und absolute Zumutung ankämpft. Bestimmt attestiert man dem blonden Rauscheengel eine schwere Kindheit, schwere psychische Störungen – zwei Kinder, zwei Väter – und vielleicht auch schlimme häusliche Gewalt ihres Ex-Freundes (‚Ich sollte für ihn Essen kochen‘ oder so etwas). Das ach so arme Mädel ist ja so hart vom Schicksal geschlagen, da kann man ihr weder die hässlichen Sozialstunden noch den widerlich unmenschlichen Knast zumuten.

Liebste Prinzessin Schlaraffia, setzt dich fein auf dein plüschig-rosa Sofa – du arme Mutti mit zwei Kindern – und guckt alle weiter brav Hartz IV-TV. Und wenn wieder jemand eure bequeme heile Welt stört, schlagt Alarm. Irgend ein Sender wird sich finden, der Mitleid heuchelt, Faulheit hochleben lässt und auf die böse böse Justiz schimpft! Oder auf jemand anderen ein drischt, der eure wohlverdiente Ruhe stört. Grausame Welt, du böse!

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.