Wann und wo ist eigentlich die Dankbarkeit verloren gegangen?

Ich erfahre Dankbarkeit. Von meinen ‚Rentnern‘, zum Beispiel. Oder nenne ich es den ‚Fotografischen Frühschoppen‘. Nach meinem Empfinden tue ich eigentlich nicht viel für diese Dankbarkeit. Ich gebe mein Wissen und meine Sicht auf die Fotografie und ‚Das Machen von Bildern‘ weiter. Dabei sehe ich mich nicht als den großen Wissenden. Sicherlich habe ich viel gelesen und praktisch probiert. Dazu kommt eine ‚ingenieurwissenschaftliche‘ Herangehensweise statt wildes dilettantisches Herummachen. Und doch probiere ich vieles – auch abseits – des klassischen Wegs zum handgemachten Bild aus. Meine Maxime: Ich kann nur über etwas reden, dass ich selbst ausprobiert oder das mir selbst widerfahren ist. Habe ich die Erfahrung nicht, dann halte ich meinen Mund.

Ich bin dankbar. Ich danke den Menschen, die sich dem Thema Hodgkin-Lymphom verschrieben haben. Die dabei geholfen haben, dass diese Form des Lymphdrüsenkrebs heute sehr gut ‚therapiert‘ werden kann. Ich weiß, das Menschen auf dem Weg dahin ihr Leben verloren haben. Gerade ihnen gilt meine ganze Dankbarkeit. Ich danke den Schwestern und Ärzten, die in den Gesundheitsfabriken ihr Bestes geben und doch ihren Humor bewahren, obwohl die Arbeitsbedingungen nicht gerade zu den schönsten des Lebens gehören. Ich meine damit den täglichen Kampf gegen den Krebs körperlich und seelisch durchzustehen. Es läuft viel Elend auf einer onkologischen Station herum. Man muss es nur mal gesehen und live gehört (ja, ich meine gehört) haben.

Ich bin selbst meinen ‚Rentnern‘ dankbar. Sie erinnern mich an meine Kinder und erwarten, dass ich beharrlich rekapituliere und für ihr Verständnis Brücken baue. Daraus entwickle ich eine innere Ruhe statt den brodelnden Vulkan herauszukehren, der den täglichen Wahnsinn unter sich begraben möchte. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, was mir Freude und Zufriedenheit bereitet. Alles ist freiwillig, nichts muss. Und doch fordern und fördern wir uns, gegenseitig.

Aber wo ist die Dankbarkeit bei denen geblieben, die einfach so voraussetzen? Die nicht fragen können, ob ich das was ich für sie tun soll auch leisten möchte oder leisten kann? Sie kommen noch nicht einmal auf die Idee darüber nachzudenken, ob ihre Vorstellungen mit mir überhaupt machbar sind. Sie nehmen einfach, setzen voraus und ignorieren mein Bitten beharrlich. Ich mache gerne, wenn ich es kann. Seit zwei Jahren ist einiges anders, der Flummi ist nicht mehr. Fraglich wie viel Zeit auf meinem Konto Leben noch bunkert ist, ich nehme mir dennoch mehr Zeit für alles. Die entschleunigte Gangart bekommt mir gut, hat meine eigene Zufriedenheit – wider Erwarten – gesteigert.

Mehr und mehr habe ich den Eindruck, dass heute einfach so abgefordert wird.
Weil gerade Zeit ist und man Laune darauf hat.
Aus Eins wird Zwei und im nächsten Atemzug Vier.
Vorteil ziehen ohne geben zu wollen, Opfer.
Dieser Egoismus überfordert mich und deshalb nehme ich ihn nicht mehr widerstandslos hin!

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.