Sie war wohl – bisher? – die Ausstellung schlechthin für mich: Lichter, Mitten & Tiefen in der Pankower Galerie Solitaire. Die Räume ließen mehrere Themen zu, so waren 3D-Arbeiten bis Fotografien von Akt bis Landschaft zu sehen. Beim Aufräumen fiel mir die Eröffnungsrede von Roswitha Skowasch sowie ein macnews.de-Interview anläßlich der Ausstellung in die Hände. Erinnerung und Wiederholung: Hier das macnews.de-Interview von vor fast 10 Jahren.
Malen mit der Maus: Makkerrony im Interview
Makkerrony ist Fotograf mit Leidenschaft – ambitionierter Fotograf, wie man so sagt. Derzeit ist in Berlin seine Ausstellung “Lichter, Mitten & Tiefen” zu sehen. Gegenüber macnews.de redet er von ersten Schritten im Leben eines Fotografen und von seiner Frau, von Sperrfiltern und seiner Technikversessenheit.
Am Ende eines Sommerloch-Tages steht der Redaktion der Missmut ins Gesicht geschrieben: Für macnews.de zu schreiben macht eben dann am meisten Spaß, wenn in der Szene auch etwas passiert. Heute allerdings steigt gegen Abend kommt die Spannung: Denn heute geht es am Ende eines etwas mühsamen Alltags nicht nach Hause, Makkerrony kommt noch zu Besuch ins Büro und will sich meinen Fragen stellen. Und so mache ich mich für diese erste Folge des Landschaftsfotografie-Schwerpunkts noch nicht selbst auf die Reise, vielmehr muss sich Herr Puhle vom Osten Berlins aus auf den Weg in Richtung Mitte machen. Kommt der Prophet eben zum Berg.
Predigen ist nicht wirklich Ronalds Sache. Schreiben aber kann der ruhige, unkomplizierten Mittvierziger, das fiktive Interview auf seiner Internetseite mag ich, ebenso wie einige seiner Fotos, die er Mausmalereien nennt: Akte, Portraits, aber auch viele Natur- und Landschaftsfotos. Deshalb werde ich gleich nicht mehr locker lassen: „Kleines Interview, Herr Puhle – sind Sie bereit?“
macnews.de: Ronald, Du bist Hobbyfotograf, allerdings ein sehr ambitionierter. Wie schafft man den Schritt vom schnellen Knipser zum detailverliebten Künstler?
Puhle: Zum persönlichen Schlüsselerlebnis wurde die Kritik meiner Frau. Sie sagte mir auf dem Kopf zu, dass alle Aufnahmen einfach nur gleich aussehen. Nachdem der erste Frust abgeklungen war, musste ich ihr beipflichten. Ich glaube, dass seitdem mein Anspruch und die Kritikfähigkeit gegenüber mir selbst mein Motor sind.
macnews.de: Die Digitalfotografie ist kein preiswertes Hobby. Benötige ich unbedingt eine digitale Spiegelreflexkamera und muss es dann gleich eine teure sein?
Puhle: Wenn ich Diskussionen in einschlägigen Foren verfolge, dann soll es angeblich egal sein, mit welchem Kameratyp man fotografiert. Für meine erste Digitalkamera hatte ich mir sehr schnell zusätzliche Vorsatzobjektive gekauft. Offensichtlich haben die gegebenen Möglichkeiten dann aber nicht ausgereicht, um die Aufnahmen zu machen, die ich gerne haben möchte. Für mich ist die Kamera ein Werkzeug. Wenn ich merke, dass ich mit ihr an Grenzen stoße, dann ist sie nicht mehr für meine Arbeit geeignet. Mit dieser Erfahrung im Hinterkopf sollte aus meiner Sicht jeder mit sich ins Gericht gehen und sein passendes Werkzeug wählen. Dabei ist nicht außer Acht zu lassen, dass man sich selbst auch weiterentwickelt und damit die Anforderungen an die Technik steigen. Für meinen Teil kann ich aber nur empfehlen, dass der Fotograf die volle Kontrolle über die Kamera und das Ergebnis behält. Das heißt für mich, weitestgehend auf Automatiken zu verzichten.
macnews.de: Welche Objektive hast Du in Deiner Tasche, wenn Du Landschaften fotografieren gehst?
Puhle: Das hängt ganz von den Motiven und meiner Stimmungslage ab. In der Regel nehme ich ein Weitwinkel- und ein Standardobjektiv mit. Angesichts seines Gewichtes überlege ich lediglich beim Teleobjeltiv, ob ich es wirklich über mehrere Stunden mit mir herumschleppen möchte. Immerhin muss ich in diesem Fall ein Stativ mitnehmen, also noch mehr Gepäck. Wie so oft im Leben stellt sich im Nachhinein heraus, dass die getroffene Entscheidung falsch war. Um dennoch eine gewisse Flexibilität zu haben, greife ich fast ausschließlich auf Zoomobjektive zurück. Mein erstes nachgekauftes Objektiv war nach dem Standardobjektiv ein Weitwinkel. Ich mag einfach diese Sichtweise auf eine Szene. Im Nahbereich schält sich das Motiv förmlich aus dem Hintergrund. Erst wesentlich später legte ich mir ein Teleobjektiv zu. Sicherlich sind für Landschaften Weitwinkelobjektive ein Muss. Wer überwiegend aus der Hand und ohne Stativ fotografiert, der sollte es mit dem Tele nicht übertreiben. Hier kann bei 200 Millimetern erst einmal ein Zwischenstopp beim Objektivkauf eingelegt werden.
macnews.de: In der analogen Fotografie hatte man noch eine Menge Filter im Gepäck, Polarisationsfilter, UV- Sperrfilter, Farbfilter und Effektfilter beispielsweise. Benutzt man denn solche in der digitalen Fotografie auch oder nimmt man Korrekturen immer im Nachhinein am Computer vor?
Puhle: Bestimmte Filter sind heute aus der Mode gekommen. In erster Linie beziehe ich meine Aussage auf Farbfilter. Dank des Rohdatenformats schöpfe ich die mit Filtern erzielbaren Effekte erst bei der Entwicklung des digitalen Negativs aus. Pol- und UV-Filter sind kein unbedingtes Muss, auch hier bietet die digitale Bildbearbeitung äquivalente Lösungsansätze. Um das Spiel mit den Kameraeinstellungen und Schärfe- beziehungsweise Unschärfeverläufen gezielt zu beeinflussen, greife ich bei Außenaufnahmen gelegentlich auf Graufilter zurück. In dem Zusammenhang bietet die Bildbearbeitung zwar ebenfalls Lösungen an, doch sie sind aufwändig, soll die Manipulation nicht auf den ersten oder zweiten Blick erkennbar sein.
macnews.de: Rund 1.ooo Euro kostet Photoshop CS3 derzeit in Deutschland, Du arbeitest selbst mit dieser Software. Gibt es denn keine preiswerteren Alternativen, die ambitionierten Fotografen genügen?
Puhle: Eine knifflige Frage an jemanden, der seit Jahren mit Photoshop arbeitet. Mac-Anwender, die sich unvoreingenommen einem neuen Programm zuwenden können, denen würde ich Photoline ans Herz legen. Ich ziehe meinen Hut vor der steten Entwicklungsarbeit der Hubers, auch wenn wir in der Vergangenheit gelegentlich anderer Meinung waren. Photoline ist ihr Baby und sie verteidigen es wie die Löwin ihr Kind. Durch Photoshop bin ich einen anderen Arbeitsablauf gewöhnt und kann mich davon in meinen Artikeln leider nicht immer trennen. Ohne den Machern von Photoline & Co. das Wasser abgraben zu wollen, würde ich mir von Adobe in Sachen Photoshop vor allem eine andere Produktpolitik wünschen. Elements ist für mich wie Hände waschen ohne Seife. Für ambitionierte Fotografen ist der Funktionsumfang einfach nicht ausreichend. Würde Adobe Photoshop von jenem Ballast befreien, mit dem der ambitionierte Hobbyfotograf nie in Berührung kommt, und ihm dafür die vollen Befehlsfunktionen lassen, wäre der Mittelschicht zwischen Einsteiger und professionellen Anwender geholfen. Wer sich auf die reine Entwicklung der Rohdaten beschränkt und auf ebenenlastige Retuschen verzichtet, der kann erfreulicherweise auf eine breite Softwarepalette zurückgreifen. Es beginnt bei den Entwicklungsprogrammen der einzelnen Kamerahersteller und endet bei den Spezialisten wie DxO Optics Pro, Aperture oder Lightroom.
macnews.de: Wie oft profilierst Du Deinen Bildschirm?
Puhle: Nach der kniffligen kommt jetzt eine gemeine Frage. Natürlich wie ich es als Autor propagiere: immer in regelmäßigen Abständen. Leider ist das gelogen. Selbstverständlich bediene ich mich des Farbmanagements und nutze auch entsprechende Messtechnik zum Profilieren des Bildschirms. Ich möchte einfach von Anfang bis Ende die Kontrolle über die Farbwiedergabe auf dem geplanten Ausgabemedium haben. Je nachdem, wie es die Zeit erlaubt und welche Projekte anliegen, wiederhole ich die Kalibrierung oder nicht.
macnews.de: Wir haben Kamera und Objektive angesprochen sowie die Software auf dem Mac und die Bildschirmprofilierung. Zur Ausrüstung eines Landschaftsfotografen gehört aber noch eine Menge mehr: vom Stativ bis hin zur Fototasche. Was ist Deine persönliche Checkliste für die Fotosafari im Freien?
Puhle: Stoße ich in unbekanntes Terrain vor, nehme ich fast die gesamte Ausrüstung mit. Neben einem Notizbuch gehört vom Lensbaby 3G und dem Ringblitz bis hin zu den obligatorischen Ersatz-Akkus alles dazu. Wenn ich die Gegend bereits kenne und weiß, was mich erwartet, sortiere ich nicht benötigtes Zubehör aus. Ich möchte fotografieren und nicht als Packesel durch die Botanik schleichen. Da für mich Wolken zum Himmel gehören, beobachte ich die Wettervorhersage und hoffe, alles tritt so ein.
macnews.de: Wenn man Deine Vita betrachtet, so hat man auf den ersten Blick das Gefühl, es mit einem ausgemachten Technik-Freak zu tun zu haben. Du so bist Ingenieur, arbeitest in einem Labor und schreibst als freier Autor über Computer und Digitalfotografie. Stören sich Technik und Kunst nicht manchmal gegenseitig, gibt es keine Reibungsverluste? Was würdest Du Hobby-Fotografen sagen, die darüber klagen, die Digitalfotografie verlange zu viel Technikwissen und ihr fehle es an Emotionen?
Puhle: Kameratechnik wie auch die Bildbearbeitung betrachte ich als meine Werkzeuge. An dem Punkt muss ich das weitere Vorgehen trennen. Viele Aufnahmen entstehen aus dem Bauch heraus und ich konzentriere mich auf das Sucherbild. Wenn ich befürchten muss, an technische Grenzen der Digitalkamera zu stoßen, kommen im Hinterkopf die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung ins Spiel. Ein Beispiel: Unter schwierigen Lichtsituationen plane ich den Umweg über das genannte PseudoHDR. Ich konzentriere mich im Wesentlichen auf die Lichter und arbeite die Details in den Tiefen am Computer aus. Was die Emotionen der digitalen Aufnahmen betrifft, gehe ich einen Schritt weiter. Sie sind für mich charakterlos und sehen irgendwie alle gleich aus. Es liegt am Digitalfotografen und seiner Entwicklung am Computer, der Aufnahme emotionale Höhepunkte einzuhauchen. Das hat der Filmfotograf früher nicht anders gemacht. Durch die Entwicklung und das Ausbelichten in der heimischen Dunkelkammer wurden seine Ergebnisse genauso manipuliert, wie ich es ihm heute an den Einstellreglern in Camera Raw gleich mache. Beide Wege verlangen aus meiner Sicht ein technisches Grundverständnis. Leider wird der digitalen Fraktion gelegentlich lauthals suggeriert, dass es nicht notwendig ist – warum auch immer. Auf Grund meines Alters kann ich nicht nicht nachvollziehen, ob man zu Zeiten der ersten elektronischen Filmkameras mit denselben Argumenten versucht hat, Käufer für diese Kameraspezies zu finden. Innerlich habe ich einen Purzelbaum geschlagen, als ich von Digitalkameras gelesen habe, die Fotos in der Charakteristik von Filmmaterialien aufzeichnen. Auch wenn ich der Meinung bin, dass die Bilddaten neutral bewertet auf den Mac geladen und per Software in die entsprechende Tonung versetzt werden sollten, so ist der Ansatz genau das, was ich meine. Wenn ich mich jetzt so höre, glaube ich schon an eine gewisse Technikversessenheit.
macnews.de: Weit weg von Deiner digitalen Dunkelkammer bist Du, wenn Du Landschaften und die Natur fotografierst. Auf was achtest Du, wenn Du in freier Wildbahn Aufnahmen machst? Fängst Du entdeckte Motive unvermittelt ein oder denkst Du bereits beim Knipsen an die Möglichkeiten, die sich später bei der Bearbeitung am Computer ergeben?
Puhle: In erster Linie muss ich den Kopf frei haben, egal ob ich zu Aufnahmen in unser Studio fahre oder raus ins Grüne gehe. Mir hilft dabei Musik, die ich unter gewissen Umständen selbst bei den Aufnahmen höre. Sicherlich ein grober Akt der Unhöflichkeit, wenn ich nicht allein unterwegs bin. Werde ich durch Gespräche abgelenkt, schlägt sich das aus meiner Sicht auch in den Aufnahmen nieder. Früher habe ich Aussagen belächelt, wenn Menschen mit der Natur eins werden wollten. Heute glaube ich zu verstehen, was sie meinen. Neben der Auswahl des Objektives und der Kameraeinstellungen mache ich mir lediglich noch grobe Gedanken zum Ausgabeformate. Hier habe ich mich auf das Kleinbild- und quadratische Mittelformat festgelegt. Dementsprechend erfolgt der Bildaufbau im Kamerasucher.
macnews.de: Auf Deiner Internetseite schreibst Du noch über Dich selbst, Du träumest davon, ein Buch zu schreiben. Gerade eben allerdings hast Du wieder eines fertiggestellt, schon das zweite in diesem Jahr. Außerdem schreibst Du, Du träumest von einer großen Ausstellung – die Ausstellung „Lichter, Mitten & Tiefen“ mit Deinen Werken aber wurde am 22. August in der Berliner Galerie Solitaire eröffnet. Hast Du jetzt all Deine Träume erfüllt?
Puhle: Scheinbar sieht es so aus. Aber das erste Buch war für mich persönlich in vielerlei Hinsicht der Versuch eines Befreiungsschlages. Thematisch hat es mich in meine Studienzeit versetzt und ich musste nur Informationen aus den Untiefen meiner grauen Gehirnzellen abrufen. Während dieser Zeit wollte ich für mich klarstellen, wie es weitergehen soll und einfach nur Frust abbauen. Dazu war das artfremde Thema Netzwerk bei vorhandenem Hintergrundwissen bestens geeignet.
Mit dem zweiten und mir deutlich seelenverwandteren Buch habe ich an einem Thema gearbeitet, was mir seit fast zehn Jahren am Herzen liegt. Dennoch betrachte ich es nur als Meilensteine zur Erfüllung des Traumes, eines Tages vom Schreiben und Fotografieren leben und meine Familie ernähren zu können. Wir brauchen uns nichts vorzumachen, wie die Ausgangsbasis unter den Autoren und Fotografen ist. Für mich kommt erschwerend hinzu, dass ich mir beides autodidaktisch angeeignet habe und nicht mehr 25 Jahre alt bin. In mir kommen außerdem genügend Zweifel hoch, ob das bisher erreichte wirklich meine aktuelle Leistungsspitze darstellt. Es gibt für mich also noch genug zu tun, um dem wahren Traum, eines Tages berühmt, reich und sexy zu sein, näher zu kommen.