Gedanken in grün

Jetzt ist es also ein Jahr her.
Ich meine mich zu erinnern, dass ich eigentlich nicht mehr schreiben wollte.
Für mich war die Luft raus.
Das kommt vor, dass aus sich kreuzenden Wegen die Luft raus ist.
Aus vielerlei Gründen.
Lebenswege entwickeln sich weiter.
Da passt der andere nicht rein.
Da ist es egal, wie gut oder schlecht man sich verstanden hat.
Es ist eine Frage der Qualität.
Wenn sie stimmt, dann darf es auch mal unrund laufen und Missstimmung herrschen.

Noch war der Kontakt in meinem elektronischen Adressbuch.
Vielleicht ein gutes Zeichen?
Ich sortiere gerne meine Kontakte aus.
Ist eine Zeit X verstrichen und wir haben nicht mehr miteinander geredet, dann werden wir auch zukünftig nicht mehr miteinander etwas zu tun haben.
Zwei oder drei Klicks und ein Kapitel ist geschlossen.
Nur selten kommt es anderes.
Viel zu selten, um meine Praxis zu ändern.

Ich denke ja, dass eben dieses Schreiben, obwohl wohl innerlich abgehackt, der eigentliche Anfang war.
Mit der Zeit kam Baustein um Baustein dazu, ohne die alles nicht möglich war.
Es ist die berühmte Laune der Natur, die an einer Stelle vom Normal abweicht und so die Chance auf etwas Neues zulässt.
Als ein gläubiger Mensch, der ich aber nicht bin, täte ich vom Schicksal und der Bestimmung reden.
Nein, keiner von uns beiden konnte ahnen, was in den Wochen und Monaten abgeht.

Manchmal war der Gedanke, dass es nur für einen Sommer ist.
Eine Spielerei, eine verirrte Zeitreise, nur nicht Ernst zu nehmen.
Rückblickend, was sich bewegt und verändert hat, es war nie abzusehen.
So gibt es keinen Grund, über irgendetwas enttäuscht zu sein.
Alles ist ein unverhofftes Geschenk.
Wenn es einen Grund der Enttäuschung gibt, dann nur der, dafür nicht unendlich dankbar zu sein.

Heute nun wieder dieser Tag.
Ich werde dir was schreiben.
Es sollte etwas Handgeschriebenes sein.
Ein kleines Artefakt in deiner Sammlung meiner Dinge.
Nein.
Solange ich bin hast du die Chance, jeden Tag das Original zu berühren, musst keine Reliquien sammeln.
Und da ist noch die Frage, auf die du die Antwort hast.
Bei mir stehst du noch immer als ein Kontakt im Adressbuch.

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.