Vierundwas?

Wieder ein Jahr rum. Ein Jahr mit Bangen und Hoffen, erste Gewissheit und drittem Geburt-Tag. Voller Ungeduld ein Kampf zurück ins Leben. Was nicht funktioniert ist das Vergessen. Vor Kurzem spielt der Körper verrückt, so als sei Chemo-Time. Und wie in Echt ist zur Mittagszeit mit einem Mal alles vorbei. Ich bin körperlich und seelisch fertig. Der Kopf, das Hirn, dein unbekanntes Wesen.

Vor einem Jahr um diese Zeit? Klar, Chemo. Noch in der ersten Hälfte befindlich, allein das Ziel vor Augen, durch den Urlaub der Praxis zwei Wochen länger Schonung zu haben. Es wird alles anders kommen. Trotz des ersten KO’s von ‚Sauron‘ habe ich weiter über ihn gelesen. Wir hätten durchaus den Ablauf der Chemo anders gestalten können; Stand 2017. Nach dem zweiten Zyklus hätte ein PET/CT gemacht werden können, eine Bewertung des Chemo-Fortschritts erfolgen müssen. Dann weiter, vielleicht auch in abgemildeter Form.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Ich denke noch heute, dass meine Einstufung und die – harte – Blitzkrieg-Therapie angemessen war. Man hat in solch einer Situation nicht viele Chancen, erst Recht keine drei Anläufe auf Heilung. Und so nehme ich heute manch Einschränkung in Kauf und lebe dafür weiter. Es mahnen die, die mit ihrem ‚Sauron‘ – weil vielleicht zu spät entdeckt – keine Chance hatten und verstorben sind.

Allmählich kommt vieles zurück. Emotionskastriert und als Person wohl noch schwerer zu ertragen. Ich merke es an mir selbst. Für die Bequemlichkeit der anderen gehe ich selbst weniger Kompromisse ein. Warum soll ich ihr Gespinst aus Ausreden und Lügen akzeptieren? Beim ersten Mal fällt das Adieusagen schwer, danach fiel es mir immer leichter. Und siehe da, ohne die Märchen aus Tausend und einem Selbstbetrug geht das Leben auch weiter.

Im Atelier finde ich alte Wege wieder, kombiniere Welten und finde neues. Anfänglich glaubte ich das gewisse Händchen verloren zu haben. Selbst bestimmte Kameras krame ich aus meinem Waffenschrank hervor und werde sie einsetzen wollen. Es geht voran, ich muss mir nur Geduld anerziehen und an die Zukunft glauben. Auch hier ändert sich Einiges. Lichtbildprophet macht auf dicke Hose, erklärt sich zum ‚Das Held‘ und ‚Lichtbildprophet‘. Jetzt wird per Fake-Wut verbal ordentlich auf die Trommel gehauen. Was will ich mehr? Also auf ein nächstes Jahr, alter Mann!

Autor: makkerrony

Der Macher des Lichtbildprophet ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben.