Ein Gespenst geht um die Welt – das Gespenst der Vollzeit-Heulsusen!

Als gäbe es nicht genug Elend und Ungerechtigkeit auf dieser Erde, wirbelt das syndromartige #metoo-Nachäffen allerlei reale und virtuelle Blätter auf. Ungefiltert entsteht der Eindruck, Weinstein ist der ‚Erfinder‘ der Besetzungscouch und Urvater männlicher Verfehlung. Es wird gebeichtet und gejammert als gäbe es kein Morgen. In diesem Getose bewegen mich zwei Fragen: Wer ist ‚wirklich‘ der Erfinder der Besetzungscouch und gibt es weibliche Verfehlungen am Mann? Es geht mir nicht darum – mit dem Finger auf andere zeigend – von Tätern wie Weinstein & Co. abzulenken. Ich möchte sachlich und objektiv sein, möchte erfahren, ob es sich bei Weinstein um ein Neuzeit- oder gar Neulandphänomen handelt. Es ist wie mit der Pädophilie, die es ja wohl auch erst mit dem Internet zu geben scheint.

Ich bemühe Google und das Datenorakel schickt mich zum Quell des politischen Gewissens. Der Spiegel behauptet in einem Artikel, Sennett Bathing sei wohl der Erfinder der Besetzungscouch. Dieser Beitrag stammt aus dem Jahr 2010. Ich erinnere mich in Dokumentationen darüber informiert worden zu sein, dass heterosexuelle Jungschauspieler homosexuelle Erfahrungen mit Filmbossen und/oder Produzenten gehabt zu haben. Sorry, aber mir tun sich Gedanken zur Berliner Mauer auf. Im geharkten Mittelstreifen war sichtbar, dass dort Uniformierte mit Waffen rumlungern. Und wenn ich statt eines Ein- und Ausganges die Abkürzung über die Mauer nehme, dann werden die Typen im ‚Ein Strich/Kein Strich‘ nicht ihre Pistoletten beiseite stellen und mir mit dem Taschentuch hinterher winken.

Wenn ich so in meiner Vergangenheit krame: Eine nackte Frau, mit der ich nicht liiert war oder bin, hat sich mit ihrem ganzen barfüßigen Körper an meinen Rücken angelehnt, so das ich sogar ihre großen Brüste gespürt habe. Ich mag aber nur kleine Brüste! Und dann war da die – ebenfalls – nackte Frau, die wollte, dass ich sie berühre. Sexuell versteht sich. Auch wir waren nicht liiert und ich hatte es nicht vor mich mir ihr zu verpaaren. Dürfte ich jetzt auch #metoo zwitschern?

Wie, die Art meiner Diskussion ist unsachlich? Das Leben und unser Handeln beruht auf Wissen und Erfahrung. Und logisches Denken. Doch dafür muss ich zuerst den Kopf einschalten und dann handeln.

Übelst- und Empört-TV mischt sich ein. Hervorgekramt werden junge Frauen, die allesamt sexuell belästigt wurden. Mein erster Gedanke: So wie ihr ausseht, war wohl eher der Wunsch belästigt zu werden Vater des Gedanken. Der Schwarzer-Alternativgedanke: Alles in allem ist eure sexuelle Orientierung primär an Frauen orientiert und Männer sind für euch zu 99,9% immer Täter. Was bin ich doch gemein und gehässig! Ich kann beruhigen, im Verlauf des Textes könnte es noch schlimmer werden. Denn wenn mir etwas gewaltig sauer aufstößt, dann ist es erstens der Gang an die Öffentlichkeit und vor allem zweitens, nach bescheidenen zehn oder zwanzig Jahren! Das zeitintensive Opferverhalten kann man mir nicht mit Scham und Angst erklären. Gerade letzteres setzt jene Energie im Menschen frei, dass er oder sie über sich hinauswachsen kann.

Bei solchen Nummern bin ich zutiefst misstrauisch. Erst neulich crashte – angeblich – die Tochter eines maximal pigmentierten Schlagerbarde seine Buchvorstellung. Ganz viel Tamtam und die Medien waren auch dabei. Ich fragte mich: ‚Hää, was soll das?‘. Ein paar Tage später war mir klar, welchem primären Zweck die vorherige PR-Aktion dient: Die Tochter, ein schwachbeachteter Z-Promi und vorher schreiend auf ihren Vater losgegangen, hält demnächst unter Palmen und Sonnenschein ihre Brüste in die Kamera. Das ist alles nur Zufall, versteht sich. Und ich ziehe mir meine Hosen mit der Kneifzange an.

Im Sog des #metoo kommt allerlei – medial – Unbeachtetes aus seinem Versteck gekrabbelt und gibt zum Besten, angegafft, angefasst, angegrabscht, angesprochen und was weiß ich noch alles bitter und böse belästigt worden zu sein. Selbst die Belästiger outen und entschuldigen sich, selbstverständlich öffentlich. Spätestens jetzt wird das Ganze absurd. Wie diese Femen: Mit nacktem Busen gegen die Unterdrückung und Ausbeutung der Frau! Halleluja, jetzt zieht endlich Gerechtigkeit ins Land. Und auf die Erde. Im Weltall sowieso. Es gibt Täter. Diese gehören bestraft. Im Moment sind wir dabei von einer Massenbewegung eingenommen zu werden, an deren Ende wir uns alle an die Hände fassen müssen und uns wieder lieb haben, womit die ganze Sache vergessen und vergeben ist.

Wie, die Art meiner Diskussion ist unsachlich? Hier wird gerade eine große PR-Trommel inklusive öffentlicher Verbalhinrichtungen gerührt, dabei ist das Problem hinlänglich bekannt und wurde – wohl mit Absicht – dezent unter den Teppich gekehrt. Jetzt braucht jemand Aufmerksamkeit oder will vielleicht einen Konkurrenten loswerden und inszeniert den weltweiten Aufschrei? Mit der Jamaika-Koalition wird es in Deutschland so richtig rechtsseits aufwärts gehen!

Es formieren sich #metoo-Widerworte, auch noch von Frauen ausgesprochen. Das ruft aus der Unterwelt der Trolle die sozial vernetzten Berufsnörgler auf den Plan. Die Vollzeit-Besserwisser ergreifen mit Worten – ‚ganz weit unten‘ aus der Beschimpfen-Trickkiste – Partei, den Blick stur-scharf in eine Richtung, natürlich die des Opfers, gewandt. Im Gegenzug erinnere ich mich an jene (Männer), die von Frauen durch falsches Zeugnis zu Tätern gemacht wurden, deren Existenz noch heute zerstört ist. Das sind auch Opfer. Ich erinnere mich an Frauen, die das Opfer mimten und per se zu Neu-Heiligen verklärt wurden, selbst aber die Täterinnen waren. Ich kann – für mich – diesen Spieß drehen und wenden wie ich will: Schwarzweiß-Denken, der Hang zum Drama und die Sucht nach Aufmerksamkeit macht uns wohl alle zu Opfer und Täter.

Und nun? Der Hype wird abebben. Wir erinnern uns an diesen Hashtag, doch in unserem Bewußtsein hat sich nichts geändert. Mann und Frau sind gleich, berechtigt, nur eben anders. Vergewaltiger dürfen im Prozess schweigen, während der Anwalt das Vergewaltigungsopfer als billige Schlampe darzustellen versucht. Kommt dann doch mal wieder ein prominenter Fall an die mediale Oberfläche, wird im selben Atemzug darüber berichtet, dass die Studentin I. ihr Studium mit Protitution finanziert und jetzt ein Buch darüber geschrieben hat. Darin wälzt sie sich über den ersten Freier, flotte Dreier und Obstsalat aus. Wie romantisch und heil unsere rosa Welt doch ist. Und für die etwas härtere Gangart berichtet Geschäftsfrau J., dass sie tagsüber Immobilien an den Mann bringt und als Domina – vielleicht den selbigen – Typen am Abend verhaut.

Über alle drei Themen (Weinstein, Ex-prostituierte Studentin und hauende Maklerin) konnte ich heute etwas in den Boulevard-Medien meines Vertrauens lesen. Wo bittschön bin ich in meiner Argumentation unsachlich!

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.