Kein Jahresrückblick 2021

So richtig mag ich mir über das zurückliegende Jahr 2021 keine Gedanken machen.
Es gäbe einiges, worüber sich ein Sinnieren lohnt.
Worüber ich nachdenken sollte.
Nur beschleicht mich das ungute Gefühl im Schreibschwall irgendetwas zu vergessen.

Ein einziger Tag ändert alles.
Ich habe mir nicht gemerkt, welcher Tag es war.
Mit vielem mußte ich rechnen, dass Mitte des Jahres der Turbo zündet, hier fehlte mir die Fantasie.
Bis heute verstehe ich nicht, was ab diesem Tag alles geschehen ist. Vor allem, wie es geschehen ist. Surreal.
Dinge passieren, unerwartet und zufällig.

Etwa zur Mitte des Jahres erfahre ich auch, dass Dirk D. verstorben ist. Kurz nach meiner Genesung 2016 ist er an Krebs erkrankt. Damals meinte er, es sei alles überstanden und er schaut positiv nach vorn. Nebenbei bekam ich mit, dass eine neue Frau an seiner Seite ist. Als ich sehe wer sie ist, war mir klar, warum die Band K(l)eingeld nicht weiter zusammenspielen konnte.
Er ist nicht mehr da und ich muss erstaunlich oft an ihn denken.

In den letzten Monaten fällt es mir mehr und mehr schwer durchgehende Gedanken zu fassen und diese in zusammenhängende Texte zu gießen.
Ich reflektiere meine Umwelt, Menschen und Medien, nur noch als ein phrasenspeiendes Urvieh.
Mir werden Worthülsen und Parolen um die Ohren gehauen und ich muss wissen, worum es sich im Detail handelt oder eigentlich geht.
Ich stecke nicht in eurem Kopf, in euren Gedanken, insofern ihr Gedanken habt.
Was ihr wollt, es erzeugt nur Unverständnis in mir.
Mir selbst fehlen Gedanken.
Ich weiß noch nicht einmal, ob und wie ich gerade bin.
Meinen Gegenüber sage ich, dass ich nicht weiß, was von mir erwartet wird.
Keine Zeit zu haben, ständig unter Druck zu stehen und die Gedanken durch den Gegenüber erahnen zu lassen, es macht die Sprache kaputt.
Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist unmöglich.
Es werden nur noch Parolen ausgetauscht.
Sie erzeugen gerade so Aufmerksamkeit, oft durch Verletzung.
Inhalte sind nicht gefragt.

Fünf Jahre ist nun mein PET/CT mit Negativbefund her.
Seitdem sind alle Kontrollen negativ verlaufen.
Das ist positiv.
Ich habe mich entschieden, den Port entfernen zu lassen.
Das letzte Relikt der Therapie meiner Krebserkrankung.

Es gab 2021 viele Fragen und ich habe keine Antworten.
Immer noch nicht.
Ich selbst kann nicht beschreiben, wie es soweit gekommen ist.
Es gab Gedanken, dass das Neue nicht geht. Dass es nicht sein darf.
Nur fehlte mir der Wille dagegen anzugehen.
Dennoch wollte ich nicht, dass das Alte so endet.
Mir fehlt bis heute die Idee, wie es hätte aussehen sollen.
Stattdessen ist das geschehen, was ich für die dümmste aller Lösungen halte:
Entscheiden müssen zwischen ja oder nein. Mit Willen hätte es ein dazwischen geben können.
So war aber jeder andere Weg verbaut.

Nun ist es so.
Sie ist weg und ein neuer Name am Klingelschild.
Ein Anfang, auch ein Ende und das Unverständnis, dass die Ursache eine Konsequenz aus dem Kampf für mehr Lebenszeit ist.
Schwer zu verstehen, wenn man nicht selbst in der Lage gewesen ist und bis heute mit den Konsequenzen leben muss.
Etwas blieb auf der Strecke und ich hatte nicht den Mut das Ungefühl vorher anzusprechen.
So ist heute jemand schuldig, den keine Schuld trifft.
So ist heute der eigentliche Auslöser außen vor und frei von jeder Verantwortung, auch wenn er nie zur Verantwortung gezogen werden kann.
Es ist undenkbar, denn was geschehen ist, bedient in erster Linie kranke Gedanken.
Fantasien und Klischees.
Der Preis ist ziemlich hoch. Für alle Seiten.
Auf der anderen Seite soll mein Verhalten kein Einzelfall sein.
Das erfahre ich später.

Fast zwei Jahre Aufruhr.
Da kommt in mir der Wunsch nach einem ruhigen Jahr 2022 auf, was wiederum nicht geschehen wird.
Es wird weitergehen, so weitergehen wie bisher und manche Dinge werden.
Von Außen getrieben.
Je weiter ich über das Bisherige nachdenke und mir über die Zukunft Gedanken mache, umso öfter stelle ich fest, dass eine junge Frau an der Seite eines alten Mann gar nicht so selten vorkommt.
Jung? Alt?
Es ist nicht das absolute Lebensalter, es ist der Unterschied im Lebensalter, der zu stören scheint.
Er stört überall.
Egal wie offen und vielfältig doch alles ist.
Vielfalt hat eben auch ihre Grenzen.

Ich habe Lust am Leben, am Knipsen und Klecksen.
Egal wie viel und wenig Zeit gerade dafür bleibt.
Hauptsache die Freude ist da.
Egal wie schwer es mir fällt in meine Welt zu schlüpfen und die Dinge laufen zu lassen.
Alles muss sich neu sortieren und orientieren.
Und so bin ich froh, wenn am Ende eines turbulenten Jahres 2021 noch Arbeiten wie Es ist was du willst, es ist was du kriegst. entstehen.
Ein gutes Zeichen.
Ein beruhigendes Zeichen.

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.

Ein Gedanke zu „Kein Jahresrückblick 2021“

  1. Ein interessanter Beitrag und ich verstehe dich total, es ist viel passiert dieses Jahr und teils ist es noch unbegreiflich und unverständlich … dein Beitrag macht mich schon sehr nachdenklich.

Kommentare sind geschlossen.