Kunst, die Preise und ich

Ich tat mich schon immer schwer Preise für meine Arbeiten zu nennen. Nehmen wir Vier Säulen. Da fiel es mir relativ leicht, da der Auftrag aus der Familie kam. Und so forderte ich bei Gefallen ein Burger-Menü, bei Nichtgefallen zwei Burger-Menüs meiner Wahl. Nachdem das Geheimnis um diese Arbeit gelüftet war, wurden mir gleich fünf Burger-Menüs angeboten und das nicht, weil es so schlecht sein soll. Ich gehe davon aus, dass die Begeisterung nicht vorgetäuscht ist, da die Kleckserei an der Wand gelandet ist.

Oder ich nehme Claires Frameworks Berlin. Im Laden und Onlineshop hängen auch Arbeiten von mir aus, vornehmlich Fotografien. Wenn ich sehe, welche Preise dafür aufgerufen werden, dann bekomme ich einen roten Kopf. Bei der einen Rahmung weiß ich, dass der goldfarbene Bilderrahmen wertvoll und etwas besonders ist. Ansonsten drehe ich mich innerlich schamvoll weg. Für mich haben meine Arbeiten nicht diesen Wert, obwohl ich sie wertschätze, die Arbeiten einzigartig sind und es mir beim besten Willen nicht gelingen wird, sie noch einmal so anzufertigen.

Natürlich steckt Zeit, Geld und Arbeit in den Bildern. Doch das kann und will ich nicht benennen. Wenn etwas entsteht, sei es eine Fotografie oder ein gemaltes Bild, dann geht es mir in erster Linie nur um mich. Ich möchte etwas machen, schaffen, mich ablenken und den Kopf frei bekommen. Die Zeiten, dass ein Bild mit ein paar Klicks in sekundenschnelle fertig ist sind glücklicherweise vorbei. Diese Zeit hatte was von Fließbandarbeit, Selbstbetrug und emotionslosem Sondermüll. Heute ist selten eine Arbeit nach einer Ateliersession fertig. Selbst ein einfaches Lichtbild braucht mindestens drei Sitzungen: Aufnahmen, entwickeln und abziehen. Letztgenannter Arbeitsschritt kann sich hinziehen, kommen mir mögliche Varianten des Ausbelichtens in den Kopf. Im Ergebnis kann ein Fotoabzug in meinem aktuellen Lieblingsformat 18 x 24 cm keine zwei bis fünf Euro kosten. Dessen bin ich mir schon bewusst.

In der Bucht bin ich auf der Suche nach alten Negativen. Ich lande bei Antikgabi. Sie haut gerade kiloweise separierte Kontaktabzüge eines gewissen Gert Kreutschmann (1920 – 1988?) heraus und ruft dafür im Sofortkauf fast 30 Euro für 6 x 6 cm Fotopapier auf. Und weil das der Antikgabi noch nicht genug ist, soll ich noch 5 Euro Versand bezahlen. Das ‚Besondere‘ an der Rafforgie: Die abgebildeten Damen sind am ganzen Körper barfuß. Sorry, da sollte Antikgabi einen hochroten Kopf bekommen. Erschwerend für sie kommt hinzu, dass es zumindest im Internet zum Kreutschmann zwar viele Fotos gibt, er ansonsten noch nicht einmal im Halbwissen Wikipedia erwähnt wird und er durchschnittliche Arbeiten abliefert. Aber was rege ich mich auf: Für eine Reproduktion im einfachen Postkartenformat soll ich an einer anderen Stelle der Bucht 13 Euro blechen.

Kommt jetzt der Hinweis mit dem Mitsteigern und günstiger Schießen? Selten so gelacht. Wenn Antikgabi und Konsorten diesen Preis im Sofortkauf haben möchte, dann sind die Versteigerungen schon so gedreht, dass auch das Bietergefecht in der Region des Sofortkaufs endet. Ich bin zwar blöd, aber nicht so blöd um mitzukriegen, dass es keinen edlen Ritter auf einem regenbogenfarbenen Einhorn gibt, der aus purer Lust am Menschen güldenen Feenstaub verteilt.

Wie bewerte ich meine Liebhaberei? Emotional ist es klar: Ich tue es für mich. Wenn jemand daran Gefallen hat und eine Arbeit haben möchte, dann gebe ich gern. Finanziell im Sinne ein Künstlerleben zu finanzieren: Ich habe keine Ahnung. Schaue ich bei anderen Künstlern vorbei, dann wird auf dicke Hose gemacht und letztendlich fehlen dann doch die Eier. Ich hatte mal Interesse an einer Arbeit von JeanneDArtKunst auf etsy. Sie nannte mir eine Preis und meinte, dass ihre Agentin gegen dieses Preisangebot wohl etwas dagegen hätte. Hää? Agentin? Was soll diese Schaumschlägerei? Und wenn das elitäre Künstlerleben so brummt, warum wird dann nach ein paar Monaten abgetaucht? Da hat wohl das Sitzfleisch gefehlt und ist die Geduld auf Reisen gegangen.

Ich wurde an einem Wochenende angeschrieben, dass ein Galerist neue Leute sucht und man denkt an mich. Und weil es nicht die erste Absichtsbekundung in meinem Leben ist, springe ich nicht auf den Euphorieexpress auf und rufe sofort an. Stattdessen mache ich auf kühl und bitte mich doch einfach anzuschreiben, wenn denn Interesse besteht. Nun: Hätte ich mich ab dem Moment nicht vom iMac wegbewegt, ich wäre verdurstet und verhungert. Wenn ich für jede Interessenbekundung, sei es die Kollaboration oder Modellanfragen, einen Euro kassiert hätte, ich hätte damit mehr als mit meinem Bilderverkauf eingenommen.

Ich streiche lieber die Eurozeichen aus meinem Kopf, verzichte auf das berühmt, reich und sexy. Eben weil ich das alles eigentlich auch nur für mich mache.

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.