„Du lachst viel zu wenig. Ich möchte, dass du mehr lachst.“
Ach das mit dem Möchte ist so eine Sache. Ich möchte auch so vieles, doch es scheitert an der Realität. Ich kann niemanden meinen Willen aufzwingen, bin auf die Freiwilligkeit des anderen angewiesen und da fängt es dann halt an kompliziert zu werden. Sicherlich ist das Lachen irgendwo zwischen damals und hier auf der Strecke geblieben. Und sie kennt mich lachend. Wir haben viel gelacht und unsere Späße gemacht. Ich glaube aber, was auf der Strecke geblieben ist, es muss so sein. Jeden Tag muss ich mich, auch wenn dieser Gedanke in manchen Köpfen unter Tradition fällt und damit abgeschafft gehört, der Demut die ich leisten muss erinnern. Es braucht diese Demut, damit ich dankbar ohne enttäuscht über die zwangsläufigen Konsequenzen sein kann. Würde ich alles ignorieren und einfach irgendwie weitermachen, ich wäre ein einsamer Diktator.
Mit der Zeit verblassen böse Erinnerungen, können sich sogar ins Positive verklären. Nur gehen die Gedanken nicht weg. Sie bleiben haften, wie ein achtlos ausgespuckter Kaugummi, der sich unter meiner Schuhsohle ein neues Zuhause gesucht hat. Immer wenn es heisst, jetzt ist wieder die Zeit X herum und ich muss diese Räume betreten, ist aller emotionaler Abstand für die Katz. Ich bin wieder in dieser geistigen Tretmühle drin, auch wenn Gandalf der Weiße mich freudig mit einem lautstarken Hallo begrüsst.
„Worüber denkst du nach?“
Wir haben so ein Spiel: Wir schauen dem anderen in die Auge, versuchen nicht auszuweichen und ergründen, ob der gegenüber in Gedanken ist oder nicht. Merkwürdig, ihr kann ich so in die Augen schauen. Würde sie mir sagen, sie ist rein und unschuldig, ich nähme es ihr ab.
„Ich denke über das weniger Lachen nach. Wahrscheinlich ist es so, dass ich weniger lache“ antworte ich.
Bin ich verärgert, wütend, traurig oder was weiss ich, dass ich nicht mehr so herzhaft lachen kann? Ich denke ja eher im Inneren unendlich dankbar zu sein. Es hätte auch alles anders laufen können und was ich in den vier Jahren danach erlebt habe, ist wie ein grosses Geschenk für mich. Gefühlt befinde ich mich auf einer Nebenspur des Lebens, auf der ich ungefährdet das rasante Leben der anderen beobachte. Viele rufen mir zu, dass sie auch so gerne entspannt dahin gleiten und sich dem mörderischem Speed einer zutiefst oberflächlichen Zeit entziehen wollen. Doch im nächsten Wimpernschlag sehe ich nur noch einen kleinen schwarzen Punkt am Horizont. Ein kleiner Fliegenschiss, kaum noch zu erkennen. Das wars also mit der Absicht. Es gehört Mut dazu die Spur zu wechseln. Ich bin nicht mutig, ich bin ein Feigling. Ich wurde dazu gezwungen und ich bin dafür unendlich dankbar.
Ich habe das Leben gesehen. Die bittere Realität und das lässt sich nicht ausblenden, weil mir mein Leben mittlerweile wieder etwas Wert ist. Und wenn ich das vergesse oder gar übermütig werde, dann holt mich nach einem halben Jahr die Realität wieder ein. Dann sitze ich im Warteraum und sehe die, die jetzt gegen Sauron um ihr Leben kämpfen. Ich sehe die wenigen Haare, ich sehe die fahlen bleichen Gesichter, den schleppenden Gang. Ich sehe das, wie ich ausgesehen habe, wie ich gegangen bin. Hier, in dieser Höhle aus Beton, herrscht nicht die Schnelligkeit einer Systematik, die die eigene kreative Triebfeder krank macht. Hier, in diesen Räumen heisst die Zauberformel Zeit für mehr Zeit. Zeit. Sie ist wieder vorbei und es ist offen, ob und wann wir uns wiedersehen. Ob Zeit zum Lachen bleibt, ob es viel zu erzählen gibt, kleine Minimomente unsere Erinnerungen prägen oder Zeit ist, sich anzuschauen, ohne dass die Augen die Flucht antreten. Eine andere Zeit wird es nicht geben.
Gibt es nicht diesen Timm Thaler, der sein Lachen an den Teufel Lefuet verkauft hat? Ich bin mir nicht bewusst, das jemals getan zu haben. Und selbst wenn es so wäre, ich würde mein Lachen nicht zurückhaben wollen. Das herzhafte Lachen, kleine Spass zwischendurch, der Humor von damals ist Geschichte. So wie andere Dinge auch Geschichte für mich sind. Gern würde ich wollen, auch für dich, aber ich würde meinen Weg verleugnen. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Und ein Preis ist offensichtlich das Lachen von damals.