Mister Shrug

Manchmal habe ich das Gefühl, wir Menschen haben selbst fürs Reden keine Zeit mehr. Ich versuche etwas zu sagen, bin mit meinem Satz noch nicht einmal ansatzweise fertig und mir wird über den Mund gefahren. Ich beende vorerst meine Ausführung, warte bis die Gegenstelle zu Ende geplappert hat und dann fange gerne noch einmal von vorne an. Mag sein, dass ich mich zu oft wiederhole. Ich bin aber „alt“ und darf das. Es gibt nur wenige, die mich ausreden lassen. Die Masse der Menschen lässt mich nicht ausreden. Zugegeben: Die Erkenntnis ist nicht neu. Neu ist, dass ich sie um das Denken erweitere. Nur kann ich da nicht so dagegen halten.

Meine Kunst ist vielleicht mehr Dekoration als Kunst.

Achselzucken.

Wenn sie mich etwas fragt, reagiere ich oft mit Achselzucken. Sie fragt mich, nur schneidet mein Gehirn das Gesprochene nicht mit. In dieser für mich eher peinliche Lage muss ich einen Weg finden, dass sie das Gesagte wiederholt. Dahinter steht keine Absicht, eher mein Versuch, überhaupt einen Gedanken zu fassen. Es ist quasi normal für mich, dass ich Worte denke aber andere Worte in die Tastatur hacke. Wer schreibt, gern und viel, dem ist dieser Umstand ein Hindernis.

Wer ist sie? Sie hat bei mir viele Namen. Zum Beispiel Y oder M. Das liegt in ihrer Natur.

Irgendwie lasse ich mich seit einiger Zeit nur noch treiben. Ohne Nachdenken. Einfach geschehen lassen. Ich tue Dinge, die ich „früher“ mit Überlegung ausgeschlossen hätte. Ich habe mir klare Regeln der no go’s aufgestellt und sie haben auch funktioniert. Gut funktioniert sogar. Heute fällt mir kein Grund es nicht zu tun, mich für mein Verhalten zu rechtfertigen, Worte der Entschuldigung und des Bedauerns zu finden. Es bereitet mir keine Angst, es geschieht einfach so. Meine Reaktion besteht nur aus Achselzucken. Ich weiss nicht wieso. Oder warum.

Bin ich die Nacht, vor der man Angst haben muss?

Wenn ich Angst habe, dann ist es vor dem Moment der Einsicht, durch mein Tun irgendeine Art von Bindung einzugehen um nach dem entscheidenen Schritt festzustellen, dass da drinnen keine Zuneigung oder gar Liebe ist. Zugegeben, es ist und bleibt leer, die sprichwörtlichen Schmetterlinge prallen schmerzfrei an meiner Bauchinnenwand ab. Erst wenn etwas Negatives geschieht, gerät das Innere aus den Fugen. Und genau dieses indirekte Fühlen macht vieles kompliziert: Ich muss erst ein Katastrophe herbeiführen, um zu wissen, dass mich etwas bewegt.

Alles was ich tun kann ist ich sein, was auch immer das ist.

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Endend müde

„Du siehst wieder müde aus.“

Das will Mann lesen, wenn ich ihr ein Selfie von mir schicke.
Ich, der Analogguru, verschicke digitale Schnappschüsse.
Es geht nicht anders, jedenfalls in der langen Zeit, in der wir uns nicht sehen können.
Aber das Müde ist ja kein so neues Thema. Jedenfalls für mich. Egal, wer oder was das Schuldige an der Sache war oder ist.

Fühle ich mich müde? In gewisser Weise schon. Ich fühle mich sogar auf verschiedenen Ebenen müde. So wie mein Fehler mangelnder Erinnerung auf mehreren Ebenen liegt. Aber das ist ein anderes Thema.

Da ist die körperliche Erschöpfung. Ich weiss gar nicht, wie ich den Tag ohne eine Überdosis Koffein am Morgen beginnen könnte. Nein, nein. Es geht nicht um mangelnde Motivation. Ich bin motiviert. Viele Ideen sind als Notizen festgehalten. Es sind so viele, dass ich nicht weiss wo und wie ich beginnen soll. Eine Depression ist es also nicht.

Corona, Home Office, Präsenz und steigende Infektionszahlen, Leugnen und Hysterie: Der Dauerbrenner der letzten Monate macht genauso müde. Ich lese keine Zeitung mehr, ich schaue keine Nachrichten oder Pressekonferenzen mehr. Die, die Querdenken sind auch nur Demagogen. Es ist in dieser Situation zu wenig Wissen und Erfahrung da, dass eigentlich niemand das Recht hat, sich mit einer fundierten Meinung weit aus dem Fenster zu lehnen. Ich weiss nichts, also schweige ich. Doch selbst Schweigen macht müde. Mich jedenfalls.

Und uns darf ich auch nicht vergessen. Das Leben in der grossen und kleinen Welt ist anstrengend. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so schwer fällt mich darauf einzustellen, ohne dass ich dann und wann unseren Shutdown riskiere. Weisheit hat nichts mit Alter zu tun. Es ist eher die Erfahrung und die fehlt mir, was jedenfalls unsere Konstellation angeht. Ansonsten schützt Alter nicht davor, den Tollpatsch und Narr zu geben. Und wo ich es an meiner Gelassenheit fehlen lasse, weiss ich wieder, warum ich eigentlich diesen Weg nicht mehr gehen wollte: Ich will dieses Gefühl des Schmerzes nie wieder spüren! Einmal Katastrophe und ein Beinahe-Ende sind genug. Wohl aber noch nicht Lehre genug, sich dann doch wieder darauf einzulassen.

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Ein Beitrag ohne Überschrift

„Du lachst viel zu wenig. Ich möchte, dass du mehr lachst.“

Ach das mit dem Möchte ist so eine Sache. Ich möchte auch so vieles, doch es scheitert an der Realität. Ich kann niemanden meinen Willen aufzwingen, bin auf die Freiwilligkeit des anderen angewiesen und da fängt es dann halt an kompliziert zu werden. Sicherlich ist das Lachen irgendwo zwischen damals und hier auf der Strecke geblieben. Und sie kennt mich lachend. Wir haben viel gelacht und unsere Späße gemacht. Ich glaube aber, was auf der Strecke geblieben ist, es muss so sein. Jeden Tag muss ich mich, auch wenn dieser Gedanke in manchen Köpfen unter Tradition fällt und damit abgeschafft gehört, der Demut die ich leisten muss erinnern. Es braucht diese Demut, damit ich dankbar ohne enttäuscht über die zwangsläufigen Konsequenzen sein kann. Würde ich alles ignorieren und einfach irgendwie weitermachen, ich wäre ein einsamer Diktator.

Mit der Zeit verblassen böse Erinnerungen, können sich sogar ins Positive verklären. Nur gehen die Gedanken nicht weg. Sie bleiben haften, wie ein achtlos ausgespuckter Kaugummi, der sich unter meiner Schuhsohle ein neues Zuhause gesucht hat. Immer wenn es heisst, jetzt ist wieder die Zeit X herum und ich muss diese Räume betreten, ist aller emotionaler Abstand für die Katz. Ich bin wieder in dieser geistigen Tretmühle drin, auch wenn Gandalf der Weiße mich freudig mit einem lautstarken Hallo begrüsst.

„Worüber denkst du nach?“

Wir haben so ein Spiel: Wir schauen dem anderen in die Auge, versuchen nicht auszuweichen und ergründen, ob der gegenüber in Gedanken ist oder nicht. Merkwürdig, ihr kann ich so in die Augen schauen. Würde sie mir sagen, sie ist rein und unschuldig, ich nähme es ihr ab.

„Ich denke über das weniger Lachen nach. Wahrscheinlich ist es so, dass ich weniger lache“ antworte ich.

Bin ich verärgert, wütend, traurig oder was weiss ich, dass ich nicht mehr so herzhaft lachen kann? Ich denke ja eher im Inneren unendlich dankbar zu sein. Es hätte auch alles anders laufen können und was ich in den vier Jahren danach erlebt habe, ist wie ein grosses Geschenk für mich. Gefühlt befinde ich mich auf einer Nebenspur des Lebens, auf der ich ungefährdet das rasante Leben der anderen beobachte. Viele rufen mir zu, dass sie auch so gerne entspannt dahin gleiten und sich dem mörderischem Speed einer zutiefst oberflächlichen Zeit entziehen wollen. Doch im nächsten Wimpernschlag sehe ich nur noch einen kleinen schwarzen Punkt am Horizont. Ein kleiner Fliegenschiss, kaum noch zu erkennen. Das wars also mit der Absicht. Es gehört Mut dazu die Spur zu wechseln. Ich bin nicht mutig, ich bin ein Feigling. Ich wurde dazu gezwungen und ich bin dafür unendlich dankbar.

Ich habe das Leben gesehen. Die bittere Realität und das lässt sich nicht ausblenden, weil mir mein Leben mittlerweile wieder etwas Wert ist. Und wenn ich das vergesse oder gar übermütig werde, dann holt mich nach einem halben Jahr die Realität wieder ein. Dann sitze ich im Warteraum und sehe die, die jetzt gegen Sauron um ihr Leben kämpfen. Ich sehe die wenigen Haare, ich sehe die fahlen bleichen Gesichter, den schleppenden Gang. Ich sehe das, wie ich ausgesehen habe, wie ich gegangen bin. Hier, in dieser Höhle aus Beton, herrscht nicht die Schnelligkeit einer Systematik, die die eigene kreative Triebfeder krank macht. Hier, in diesen Räumen heisst die Zauberformel Zeit für mehr Zeit. Zeit. Sie ist wieder vorbei und es ist offen, ob und wann wir uns wiedersehen. Ob Zeit zum Lachen bleibt, ob es viel zu erzählen gibt, kleine Minimomente unsere Erinnerungen prägen oder Zeit ist, sich anzuschauen, ohne dass die Augen die Flucht antreten. Eine andere Zeit wird es nicht geben.

Gibt es nicht diesen Timm Thaler, der sein Lachen an den Teufel Lefuet verkauft hat? Ich bin mir nicht bewusst, das jemals getan zu haben. Und selbst wenn es so wäre, ich würde mein Lachen nicht zurückhaben wollen. Das herzhafte Lachen, kleine Spass zwischendurch, der Humor von damals ist Geschichte. So wie andere Dinge auch Geschichte für mich sind. Gern würde ich wollen, auch für dich, aber ich würde meinen Weg verleugnen. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Und ein Preis ist offensichtlich das Lachen von damals.

Jetzt werden bei DHL Zahlen und Buchstaben knapp!

In den schweren Schock-Krisenzeiten um den neuartigen Corona-COVID-19 das Virus hat Deutschlands Warensendungslogistiker Nummer Eins zu tun wie an Weihnachten. Vielleicht ist bereits Weihnachten, halt vorverlegt, und keiner hat es mitbekommen? Es ist so viel los, dass Amazon seinen Versand priorisiert. Was das bedeutet, hat die Redaktion des weltbekannten Lichtbildprophet hinlänglich und exklusiv thematisiert. Leider fand diese TOP-Story nicht das erhoffte Echo in den Qualitätsmedien. Immer auf der Suche nach der Enthüllungsstory am Rande der waschechten Fake-News ist die Redaktion auf eine neue, brandheiße und mega-schockierende Enthüllung gestoßen:

DHL muss soviel ausliefern, dass dem Megapaketwerfer die Buchstaben und Zahlen ausgehen!

Die Monster-Mega-Krachergeschichte erzählt unser Super-Redakteur Ronaldo live aus seinem Homeoffice in seinem Betonpalast:

Alles begann so: Ein völlig gestresster DHL-Zustellungsmanager packt in meine PackStation des Vertrauens neben drei meiner Warensendungen eine weitere für eine mir völlig unbekannte Person. Das stelle ich allerdings erst heimgekehrt im Betonpalast fest. Ich erwarte noch andere Warensendungen und seit der Priorisierung durch Amazon bin ich übelst in ein Organisationstief gefallen.

Als ehrlicher Bürger und semi-braver Ausgangseingeschränkter kontaktiere ich Amazon elektronisch. Das ist auch nicht so einfach, hat doch Jeff Bezos seine Kundenabwehr gut im Dschungel der Webseite eingegraben. Letztlich trotze ich der heimtückischen Tarntaktik und starte Chat. Ich schildere mein Problem, der Service-Agent entschuldigt sich, dass ich meine Ware nicht bekommen habe … Moment, ich habe zu viel Ware und möchte einmal an Amazon zurückgeben. Weil ehrlich. Mein kleiner lauter Nachbar würde das bestimmt nicht tun. Nach seiner Philosophie muss man heute bescheissen, weil das ist so.

Ich bekomme Retourzettel, darf ihn ausdrucken und die Fehlzustellung zur Packstation bringen. Mit dem Prozedere habe ich bereits Erfahrung. DHL überrascht mich nicht zum ersten Mal mit einem Extrapaket ausser der Reihe. Die Arbeit der Retour habe immer ich, bisher jedenfalls. Um zu sehen, dass die Fehlzustellung auch wirklich beim Empfänger landet, lasse ich mir den Einlieferungsbeleg per Mail zuschicken. Außerdem erscheint der Rückläufer in der DHL Paket-App. In der geschieht die nächsten Tage nichts. Bis heute geschieht nichts, weshalb ich den Verfolgungslink in der Mail benutzen tue.

Was ich da sehe, ich fühle mich an die 50 Jahre alte fehlende Synchronisation bei WordPress erinnert: Der DHL-Theorie und Logistik-Logik nach ist die Sendung seit dem 30. 04. 2019 unterwegs. Bin ich Teil eines genial ausgeklügelten Zeitsprungs? Hat mir ein Modell beim Shooting KO-Tropfen in den Brennnesseltee getan, um mich gefügig zu machen und ich wache nach einem Jahr Koma-Tiefschlaf total ausgelutscht auf? Gehört das zur Klimarettungsstrategie des Unternehmens oder hat DHL wirklich so viel um die Ohren und das eigene Gesäß, dass alte abgelaufene Tracking ID’s recycelt werden müssen? Auch wenn ich die Antwort nicht weiß, so vermute ich der besseren Schlagzeile wegen einfach mal Letztgenanntes! Hier der Beweis, verbunden mit dem freundlichen Hinweis, man lese die Chronik bitte von unten nach oben:

Dauer unterwegs

Und da ist noch ein Sache: Ich rede nicht über den armen Baum, der für den Ausdruck des Retourscheins sterben musste. Ich rede nicht von der Ozon- und Feinstaubbelastung durch den Laserdrucker neben mir. Ich rede nicht vom Paketklebeband, Klebstift und die Wanderung zur PackStation. Ich rede nicht über die Lebenszeitverschwendung, weil da jemand einen klitzekleinen Fehler gemacht hat und ich irgendwann mal wieder zu einer PackStation latschen muss, weil der Herr DHL-Beförderungsingenieur keinen Bock hat meine Lieblings-PackStation anzufahren. Ich rede einen kleinen elektronischen Dank, ein persönlicher Held des Alltags von Amazon und DHL.

Pollenterror*

* Geschrieben 2011

Ich kann keinen klaren Gedanken fassen.

Die Nasenlöcher sind zu, so als steckten Tampons für Jungfrauen-Muschis drin. Jedes nasale Luft holen erzeugt ein seltsames Pfeifgeräusch. Ohne dem Wissen, dass es mir ansonsten gut geht, würde ich an meine letzten Atemzüge denken.

Augen. Zur Zeit leicht verklebt. Was davon trocknet, rieselt als feine Spreu in die Vorratslager der Hausstaubmilben. Habe Kopf, vom aufkeimenden Brechreiz möchte ich gar nicht erst reden.

Jubel, denn es ist Frühling! Zeit, meine sensorischen Fähigkeiten zu testen.

Ich reagiere auf das Geblühe da draussen. Die Hitze und Trockenheit macht nicht nur den Bauern zu schaffen. Jeder Regenguss hat etwas befreiendes, selbst wenn er Orkan ähnliche Züge trägt.

Über zwanzig Jahre hatte ich Ruhe vor der biologischen Emissions-Überempfindlichkeit. Heute, reifer und etwas gelassener, fängt der ganze Rotz wieder von vorne an. Ich investiere 10 Euro. Hausarzt.

“Haben sie Durchfall?”

“Nee!”

“Dann kann ich ihnen die Hand geben. Guten Tag Herr Capybara!”

“Hallo” erwidere ich. Ich habe ein Namengedächtnis wie eine Bockwurst. Gesichter angucken und irgendetwas sagt mir “Kenn ich” oder “Kenn ich nicht”. Mit dem Zuordnen der Leute wird es dann schon schwieriger: Job, Bekanntschaft, Ex?

Wenn das gelingt, könnte noch ein Vorname herausspringen. Spätestens beim Nachnamen ist Schluss. Um mir einen Alias zu merken, muss er schon außergewöhnlich sein. Ein prägnantes Beispiel:

– Pummelfee
– Körpergröße eines Standgebläses
– mag Fantasy fotografiert werden
– Model-Name “Sexy Lolita”!

Ich bin für die Einführung eines Nickname-TÜV’s!

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