Angsthasen-Alarm

Ich checke den Kontostand. Meine weiblichen Fressfeinde haben beschlossen, dass mein Kingsize-Bett eine Auffrischung braucht. Nein, nicht die Sparvariante mit dem sensationellen eazzy Topper von Nicer Dicer-Genius. Es soll schon ein richtig neues Bett mit neuem Lattenrost und neuer Matratze sein. Wobei, es wird schon ein bisschen gespart. Statt der bisher luxuriösen zwei mal zwei 2 Meter werden es ganz neu nur noch eins Komma vier mal zwei Meter. „Dann ist da noch ein bisschen mehr Platz im Zimmer“. Ich weiss zwar nicht wofür, dafür weiss ich aber mit Sicherheit, dass sich für den Einzelmann der Widerspruch gegenüber einer Gruppe Frauen nicht lohnt.

Mir fällt auf, das Amazon eine Abbuchung tätigt und ich weiss gerade nicht, was ich da bestellt habe. Die Summe kommt mir so gerade vor, weshalb ich mich auf der Webseite einlogge. Gleich kriegt „Nachrichten“ im Dock einen roten Punkt. Herr Bezos oder einer seiner Sklaven schreibt mir eine SMS: „Amazon Anmeldung wurde von BE, DE erkannt. Details anzeigen:“. Am liebsten würde ich zurückrufen und den dafür verantwortlichen Vogel fragen, was das soll. So vergesslich bin ich noch nicht, dass der Login vor keine 30 Sekunden mir entgangen ist.

Ein paar Minütchen später meldet sich „Mail“ mit einem roten Punkt. Ist mein iMac mit einem Virus befallen und hat macOS das neuartige Rot-Fleckfieber? Nein, es ist wieder Herr Bezos und er informiert mich per Mail: „Ronaldo, wir haben eine Anmeldung bei Ihrem Konto festgestellt. Wenn Sie das waren, können Sie diese Nachricht ignorieren.“

Warum dieser Terror? Ich wollte nur wissen, warum Amazon Geld aus meinem Konto absaugen möchte. Und zwischen den roten Punkten von „Nachrichten“ und „Mail“ ist mir aufgefallen, dass die Gebühr für Amazon Prime fällig war. Gut zu wissen. Aber hatte ich nicht angekreuzt, dass ich drei Tage vorher per Mail informiert werde?

Ich muss nachschauen. Also noch einmal eingeloggt und im Benutzerkonto hilflos rum gewühlt: Der Haken ist weg! Amazon informiert mich lieber über meine eigenen Logins anstelle eine anstehende Zahlung anzukündigen. Die Info „Drei Tage vor Fälligkeit informieren“ ist wieder aktiviert, die hysterischen Hochsicherheitsinformationen lassen sich nicht abstellen. Sie muss ich ertragen.

Als Supporter habe ich die neue Scheibe „Alles in Allem“ der „Einstürzenden Neubauten“ unterstützt. Jedesmal, wenn ich mich im Supporterbereich tummeln wollte, musste ich mich bei Patreon einloggen. Die kennen angeblich mein Endgerät nicht und verlangen eine Verifizierung über einen Link, den man mir per Mail zu schickt. Trotz Whitelist kann das ein paar Minuten dauern. Diese Minuten können sich auch solange hinziehen, dass mir jede Lust auf Blixa & Co. vergangen ist. Nachdem mich mein Anteil an der Unterstützung erreicht hat, habe ich meinen Account bei Patreon sofort geschlossen.

Apropos Amazon. Der Amazon.de Kartenservice informiert mich auch jedesmal per Mail, dass ich mich in den Kundenbereich eingeloggt habe. Twitter tut es via Webbrowser, genauso wie Instagram auch. ebay nervt, vor allem wenn ich nichts tue. Also Account nach einer ausgiebigen Shoppingtour schließen. Facebook möchte mich verifizieren, mein Bankhaus fragt regelmäßig eine TAN ab und Google ist auch nicht viel besser. Hat eurer Sicherheitsterror irgendetwas an der Internetkriminalität geändert. Warum werde ich gezwungen ein Smartphone zu besitzen? Ist das Teil der Taktgeber des Homo digitalis?

Selbst die Flamme möchte bei unseren wenigen Treffen ganz genau sein, noch einmal eine persönliche Bestätigung haben. Innerlich rast mein Kopf mit Lichtgeschwindigkeit auf den Marmortisch und platzt wie eine prall gefüllte Melone. Alles ist irgendwie Angsthase und versteckt sich hinter der Sicherheit. Es klingelt in den Ohren „Ich möchte nur sicher sein …“ und ja, es hat sicher klappt meine Laune in den Keller zu fahren. Egal wer es von euch ist.

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.