Aceton Transferdruck

Irgendwie klebt diese relativ simple ‚Drucktechnik‘ wie Kaugummi in meinem Gehirn. Ich erinnere mich an meinen Übergang von der Kindheit zur Jugend. Aus Zeitschriften (eher Ost, seltener West) werden bunte Bilder aller Art – von Stars bis Nackt – ausgeschnitten, auf ein weißes Blatt Papier gelegt und das Ganze mit Fleckenwasser beträufelt. Durch etwas Druck übertragen sich die Farbpartikel des Zeitschriftendrucks auf das weiße Papier. Fertig ist der – unspektakuläre – Acetondruck.

Würde ich heute nicht selbst fotografieren und hätte ich nicht meine eigenen Aufnahmen, ich würde die Bilder zum Beispiel von Saralisa Volm per Aceton Transferdrucken. Diesen individuellen Einwurf konnte ich mir nicht verkneifen. Denn zwischendurch ging ich immer wieder damit schwanger (Saralisa erwartet gerade ihr viertes Kind), einigen meiner Aufnahmen – vorzugsweise digitaler Natur – per Aceton Transferdruck ein analoges Äußeres zu geben. Dummerweise übersah ich, dass heute Aceton aus Fleckenwasser und Nagellackentferner weitestgehend verbannt wurde. Dafür parfümiert man die ‚Ersatzsoße‘ derart stark, dass mir davon schlecht wird.

Amazon hat alles, auch Aceton. Im Baumarkt gibt es ebenfalls Aceton als Universalreiniger. Wie gesagt, heute transferiere ich meine eigenen Aufnahmen. Dafür eignen sich kräftig-satte Laserprints, in der Schwarzweiß-Variante ruhig etwas leicht ins Düstere kippend. Das Material, auf welches der seitenverkehrte Druck übertragen wird, muss saugfähig sein. Anderenfalls entsteht ein wildes Gematsche und nur kein erkennbares Bild. Bisher habe ich mich mit Erfolg auf schweren Fotokarton und Aquarellpapier probiert. Zum Pressen nach dem Befeuchten mit Aceton nehme ich meine Rolle zum Ausquetschen nasser Barytabzüge.

Aceton ist ein Keton, irgendwie (weit) verwandt mit Alkohol, ist folglich entzündbar, verdampft schnell und man kann den Geruch nach einer Weile ‚ausblenden‘. Deshalb sollte man sehr gut lüften oder die Anwendung ausschließlich ins Freie verlegen. Es ist schnelles Arbeiten angesagt, Unterlage und seitenverkehrter Druck sollten zueinander fixiert werden, zum Beispiel mit Malerkrepp.

Am Aceton Transferdruck mag ich die mystische Komponente in der imperfekten Bildübertragung. Das Verfahren passt sehr gut zu meinen ‚Fotografischen Höhlenmalereien‘ mit Differenzkorn-Manipulationen, also Bildern, die nicht sofort oder stark verfremdet das eigentliche Motiv preisgeben. Der seitenverkehrte Druck lässt sich vor dem Transfer knüllen oder anderweitig malträtieren, es genügt für den Ausdruck einfachstes dünnes Druckerpapier. Des Weiteren kann man den Transferdruck mit anderen Techniken wie dem Kolorieren kombinieren. Zum Abschluß wachse ich meine Aceton Transferdruck mit Bienenwachs, was die Farben den Tick mehr leuchten lässt.

Autor: makkerrony

Makkerrony ist, also lebt er. Makkerrony ist der Macher des Lichtbildprophet, dem weltbekannten Blog anspruchsvoller Bildkunst, den wenige kennen. Makkerrony ist weiß, grauhaarig, plüschig und heterosexuell. Makkerrony gilt als Vorreiter, wenn es darum geht, die Grenzen der analogen Fotografie neu auszuloten. Seine Werke bestechen durch den Einsatz experimenteller Dunkelkammertechniken, bei denen er konventionelle Prozesse mit kreativen, überlagerten Fotochemikalien kombiniert. Dabei spielt gerade der Lith Print mit alternativen Druckverfahren und der bewusste Einsatz von ORWO-Fotopapieren eine zentrale Rolle.