‚Normale‘ Aufnahmen mit Joterman’s Lumenbox

Es ist schon eine Weile her, dass ich mir eine neue Alte zugelegt habe. An meine letzte jungfräuliche Neue kann ich mich noch erinnern. Es war die Impossible I-1. Mittlerweile ist das ‚The Impossible Project‘ namentlich Geschichte und schimpft sich wie der Urvater der Sofortbildfotografie ‚Polaroid‘. Unter neuem alten Namen hat man die OneStep 2 auf den Markt geworfen, die äußerlich mehr einer klassischen Polaroid gleicht. Genug Sofortbild, es geht ja eher um Joterman’s Lumenbox.

Dieses ganze Entwickeln von Negativen und Positiven ist ja eher so eine Bequemlichkeitskiste des Menschen. Der Theorie (siehe zum Beispiel Jost J. Marchesi ‚PHOTOKOLLEGIUM 1: Grundlagen der Halogensilberfotografie‘) nach zeichnet sich bei hinreichend langer Belichtung auch so das (negative) Silberbild ab. Um es zu stabilisieren müßte es lediglich fixiert werden. Diese Langzeitbelichtung und Silberbildentwicklung via Licht entwickelt eine nette Farbigkeit. Unter dem Suchbegriff ‚Lumen Print‘ fördert Google interessante Fotogramme zutage.

Dass diese ‚Lumen Prints‘ auch mit Kameras erzeugt werden können, dagegen spricht nichts. Sicherlich ist der Fall hinreichend oft ausprobiert worden, doch in der Masse sind solche Ideen bestimmt untergegangen. Lumen Prints werden primär mit Fotogrammen assoziiert. Sind doch bei Kameras und Lumen Print-Belichtungen, der besseren Handhabung wegen, wohl eher Großformatkameras zielführend. Ich selbst hatte mehrmal den Gedanken gehabt, mit meiner Linhof Kardan Color solche Experimente zu wagen. Am liebsten wären mir Menschenfotos, experimentelles Fotoshooting, doch welches Modell hat eine beneidenswerte Geduld mit dem Prozess, mit mir und das alles nur für den Lohn eines gemeinsamen Essens bei einem Marzahner Italiener? Verlockend klingt irgendwie anders!

Wann lief mir im Internet die Lumenbox über den Weg? Keine Ahnung, ich kann mich nicht mehr dran erinnern. Auf alle Fälle beobachtete ich auf Instagram den Lumenbox-Account und entschied mich aus einer Laune heraus, mir solch eine neue Kamera zuzulegen. Keine neue Alte, eher eine handgemachte Neue.

Als ich den Würfel in meiner Hand hielt, war ich von der Größe und dem Gewicht etwas enttäuscht. Ich bin ein Grobmotoriker und bevorzuge eine gewisse Grundschwere. Alles ist irgendwie niedlich und damit – gefühlt – so gar nicht wie für mich geschaffen. Um dieses Fremdeln zu überwinden, lege ich die Lumenbox für einige Tage aus der Hand und mein Sichtfeld.

Sonntag, ich gehe ins Atelier, habe aber keine Lust an Abzügen zu arbeiten. Ich entscheide mich die Lumenbox heraus zu kramen, das mitgelieferte Fotopapier zu belichten und – Abweichung vom Prinzip Lumen Print – die Belichtung in einem Positiventwickler als Papiernegativ zu entwickeln. Gesagt, getan: Eine kleine Szene aufgebaut, die Lumenbox auf ein Stativ gestellt und mit Hilfe eines zusätzlichen Dauerlicht-Strahlers den ersten Bogen etwa 60 Sekunden belichtet. Entwickelt wird die Belichtung unter Rotlicht im Fatman ‚Black Hole‘-Ansatz.

Die Lumenbox als richtige Kamera und einem Papiernegativ

Die Belichtung des Papiernegativs erfolgte erst, nachdem alles ausgerichtet war. Aufgrund der ‚Kürze‘ der Belichtung wollte ich möglichst viele Wackler vermeiden. Das Einlegen und Entnehmen des Fotopapiers erfolgt unter Rotlicht. Alternativ käme (irgendwo unterwegs) ein Wechselsack zum Einsatz. Ich habe das Papiernegativ vorher nicht naß gemacht (siehe Kommentar am Ende des Beitrags). Das getrocknete Papiernegativ wird eingescannt, invertiert und entfärbt.

Die Invertierte des Papiernegativs

Die Lumenbox ist Handarbeit und dementsprechend individuell. Wie man am Rand sieht, ist sie nicht besonders lichtdicht. Das hat Einfluss vor allem bei längeren Belichtungen und starken Umgebungslicht. Mir fehlt eine Möglichkeit die Lumenbox auf einem Stativ zu montieren (Stativgewinde). Hier werde ich noch ein paar Optimierungen vornehmen müssen. Aber das alles ist Jammern auf höchstem Niveau. Ich liebe den Charakter der Lumenbox. Mehr Lo-Fi geht nicht. Die Lumenbox ist eine Rückkehr zu den Wurzeln der Fotografie. Egal ob man nun Lumen Prints aufnimmt und diese am Computer bearbeitet oder ob man doch zur Entwicklerschale greift. Der Spaß darf (muss) dann auch fast 50 Euro kosten. Größer und schwerer – statt 6 x 6 Zentimeter-Vorlagen irgendetwas im Oma-Format 13×18 cm, das wäre meine Vision einer Lumenbox 2.0 deluxe!!!

Ophilphobismus – Hauptsache extrem und gegen alles was ich nicht kann
Nr. 9817
Druck: Größe: 30x30cm Medium: Hahnemühle Photo Rag
(c) 2017 Lichtbildprophet

Abschließend noch eine kleine Anmerkung: In einigen Publikationen ist zu lesen, dass das Befeuchten des lichtempfindlichen Fotopapiers den Vorgang beschleunigt. Diese ‚Beschleunigung‘ liegt weniger am Wasser selbst als vielmehr an dem Umstand, dass durch Näße die entwicklungsfördernden Chemikalien in der Emulsion ‚aktiviert‘ werden und selbige den Starthelfer geben. Man müßte, ähnlich der Solarisation und Pseudo-Solarisation, bei befeuchteten Papieren mit eingelagerten Starthelfern von Pseudo-Lumen Prints reden. *BesserwisserModusaus*

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.