Bei den Streifzügen zum mittlerweile eingestellten Lichtbildpoet-Projekt fielen mir auch abgelaufene Fotopapiere und alte fotografische (Negativ-)Glasplatten in die Hände. Was mache ich bloss mit diesem einmaligen Material, zumal mehr Misserfolg als brauchbare Resultate zu erwarten sind?
Bei den Fotopapieren war es klar: Ich versuche mit dem Lithprint Abzüge zu erstellen. Bei den Unmengen ORWO-Fotopapieren klappt es auch ganz gut. Beim Gevaert Ridax 8 sieht es etwas anders aus. Hier tut es – wider Erwarten – mein Standardentwickler Moersch SE1 Sepia.
Doch was geschieht mit den Fotoplatten? Deren Alter schätze ich auf ein paar Jahrzehnte älter als das noch junge ORWO-Fotopapier (ca. um 1980) oder das Gevaert Ridax 8 (ca. um 1970). Ich sehe ein Problem: Bei den Fotopapieren kann ich mir aufgrund der Fülle des Materials Belichtungsreihen und ähnliches leisten. Die Glasplatten liegen oft nur in einer Mikro-Stückzahl von ein bis drei Platten vor. Da ist keine Belichtungsreihe möglich. Und dann der Entwickler. Ich gehe davon aus, dass es sich um Dickschicht-Fotoplatten handelt. Von bisherigen Experimenten weiß ich, dass ‚unsere‘ heutigen Rezepte nicht zu dieser Technologie passen.
Und so gehen die ersten beiden Versuche mit den einzigen 10×15 cm-Fotoplatten in die Hose. Das Ergebnis kann ich maximal als eine Art Aleatogramm und Fotografische Höhlenmalerei verkaufen. Vom ursprünglichen Motiv ist am Anfang nichts zu sehen. Ich vermute den zu feinen ‚modernen‘ Entwickler als Störenfried.
Ich muss eine Nacht über das Thema schlafen!
Beim Umsortieren weiterer unbelichteter Platten fällt mir ein Zettel zu ‚Peruprint-Platten‘ in die Hände. Der Fotograf von Damals durfte der seinen Entwickler noch selbst ansetzen. Ich erkenne den Vorteil: Das erspart die unsinnigen Diskussionen in Foren, welcher Hersteller XYZ nun der bessere Entwicklerproduzent ist. Jeder meisterhafte Kamerahalter hat es selbst in der Hand, das Beste aus seiner fotografischen Krönung zu holen.
Ohne in die chemischen Details zu gehen, nehme ich aus dem Beipackzettel zwei Phrasen wahr:
kräftig arbeitend und sehr kräftig arbeitend.
Ich entscheide mich – wie bei den ORWO-Fotopapieren – auch bei den Platten für die härtere Gangart, sprich fette Ansätze zu verwenden. Und: Wie bei den ORWO-Fotopapieren gehe ich den Weg des Lithprint! Es stellen sich erste ‚erkennbare‘ Erfolge ein, wenn auch sie nicht mit unseren heutigen Hightech-Erwartungen zu vergleichen sind. Es ergibt sich ein ganz anderes Problem: Selbst wenn ich eine Platte aus einem gemeinsam eingetüteten Stapel Fotoplatten nehme, bedeutet das noch lange nicht, dass sich die restlichen Fotoplatten bei der Entwicklung genauso wie die anderen Platten verhalten. Offensichtlich hat das Material gewaltig gelitten. Aber: Ich kann durch Kontaktkopie Negative zu Positive auf Glas, ähnlich dem Fenstertattoo, nur auf Silbergelatine-Basis, erstellen. Siehe Beispiel:
Kontaktkopie vom historischen Negativ auf eine unbelichtete alte Fotoplatte (Größe 9 x 12, Lithentwicklung)