Menschen in der Großstadt – Ein neuer Anlauf

Ich befrage das Datenorakel: Wie sehen andere ‚Fotografen‘ Menschen in einer Großstadt. Google spuckt in der Bildersuche Standardsoße mit Photoshoparoma aus, die Dynamik emulieren soll.

Menschen in der Großstadt werden von einer unsichtbaren Kraftmacht getrieben. Alles ist in Bewegung. Fast alles ist in Bewegung. Nur die Touristen schleichen sich, stehen dem getriebenen Großstadthektiker immer im Weg. Für meine Serie ‚Menschen in der Großstadt‚ sehe ich mich auch als Fotograf in Bewegung. Was ich mit der Kamera einfange, ist unscharf. Muss unscharf sein. Bestmöglich ist alles nur schemenhaft zu erkennen. Reizstoff für die eigene Fantasie. Ja, so wollte ich diese Serie anlegen. Die Kamera ist eine Nikon F70 mit aufgeschnalltem B.I.G. Holga HL-Objektiv.

Der Fotoserie gebe ich im Sommer den Vorzug. Menschen, weibliche Menschen und ihre Ausstrahlung. Ich bin halt Mann.

Nur einmal ziehe ich am Neujahrsmorgen los und lichte aus der Hüfte die Überbleibsel einer Nacht ab. Die Kamera soll nicht zielorientiert das Motiv erfassen. Ja, die Goldenen Regeln der Lomografie stehen Pate, auch wenn ich versuche die Belichtungszeit und meine Bewegung so zu synchronisieren, dass nichts Scharfes im Negativ zu sehen ist. Beim Ausbelichten auf Papier vergrößere ich auf kleine (weite) Details, die das fertige Lichtbild schön körnig werden lässt. Selbst ein paar Farbaufnahmen entstehen. Ich müsste aber erst nachsehen, bevor ich mehr zu diesem Exkurs etwas sage.

Zwangspause

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Berlin stinkt – An allen Ecken und Enden

Berliner Kurier – Online – 31. Juli 2018:

Zitat: Abkehr von der Hauptstadt Berlin, wir müssen reden!

Und weiter:

Zitat: Woran liegt es bloß, dass nicht alle Bewohner der tollsten Stadt der Welt gerne in unserem Berlin leben? Und warum sind die Menschen, die in Provinznestern wie Hamburg, Frankfurt, Köln oder Düsseldorf wohnen, so viel zufriedener? Wie berichtet, leben 70 Prozent der Berliner gerne in ihrer Stadt. 30 Prozent dagegen aber wären lieber dauerhaft woanders, ergab eine Forsa-Umfrage.

Seit 55 Jahren lebe ich in dieser Stadt. Und ja, sie hat viel zu bieten, in jedweder Form. Doch mehr und mehr verliert diese Stadt den Boden unter den Füßen. Berlin ist laut, stinkt und an Arroganz kaum zu übertreffen. Wann habe ich zum letzten Mal einen Straßenfeger gesehen? Wann einen Polizist auf Streife? Bahnhöfe stinken nach Pisse, der auf der Straße liegende Müll ist das Laub unserer Zeit. Es werden auf billige Weise Wohnungen gebaut, die ich für viel Geld mieten muss. Vor ein oder zwei Uhr kommt diese Stadt nicht mehr zur Ruhe. Es ist immer Lärm zu hören und niemand schiebt dem ein Riegel vor.

Stattdessen wird von Gentrifizierung und dem Einzug des Geldes gesprochen. Fahr mal S-Bahn in Berlin. Das ist seit Jahren ein einziges Drama: Gruppenkuscheln bei jedem Wetter, nix von einer Armlänge Abstand. Das Reinigen oder gar Reparieren der Waggons muss einhundert und mehr Jahre her sein. Die BVG zieht so langsam mit: Wozu gibt es Pictogramme an jeder Tür, wenn die rollenden Viehställe vom Kunden doch zur Imbissbude umfunktioniert werden. Warum machen die Betreiber nicht von ihrem Hausrecht Gebrauch? Unter dem Deckmantel der Toleranz hat sich die Mehrheit dem Spleen des ach so individuellen Einzelnen unterzuordnen. Wer das nicht möchte, der soll sein Wohl im Six Pack-Eigenheim im Speckgürtel der Großstadt suchen und dort unglücklich werden.

Berlin hat die Kontrolle über sich selbst verloren. Toleranz, Freiheit und geschlechtsneutrale Gleichheit: Wir reden alle und alles ins Koma. Bei all diesen Fantasien wird eines vergessen: Es bedarf Regeln, damit das Leben in einer Metropole auch funktionieren kann. Ich höre nur die Forderung nach Rechten, über Pflichten mag keiner reden wollen. Und alle machen, weil ja ach so kühl und abgedreht, mit. Um ein Recht genießen zu können, bedarf es der Erfüllung seiner Pflicht. Anders formuliert: Erst die Arbeit und dann das Vergnügen. Berlin hat lang genug Party gemacht und von seiner Substanz gelebt. Erst ist die tollste Stadt der Welt wieder auf Spur zu bringen, dann darf – im Rahmen – weitergefeiert werden.

Und wer diskutieren will, der geht nach Brandenburg oder Meck-Pomm. Das ist viel Land und wenig Leute, die man mit seinen kruden Gutmensch-Theorien nicht langweilen muss.

Bilderserie: Menschen in der Großstadt – (M)Eine fotografische Sicht auf meine Hauptstadt