Polaroid Originals auf Glas liften?

Während der Arbeiten an meinen BetrachtSteinen entstand in mir die Idee, Glas statt Kacheln oder Fliesen als Träger zu verwenden. Wie gehabt arbeitete ich beim ersten Versuch mit handelsüblichen Bastelkleber als Haftvermittler. Das Liften und Aufziehen der Emulsion war eigentlich kein Problem, nur stand nach dem Trocknen die Emulsionsschicht so unter Spannung, dass das Bild riss und sich – ärgerlicherweise – vom Glas löste. Ich spielte mit dem Gedanken Milchglas als Träger zu verwenden. Oder zwei Scheiben zu verwenden, wobei eine Scheibe den Emulsionslift abdeckt. Auf glatten Hochglanzfliesen funktionierte der Emulsionslift auch nicht. Mit dem Ende der ‚Villa Schaf‘, dem fehlenden Upcycling-Material und meiner dazwischen gekommenen Krebstherapie war der Emulsionslift auf Glas erst einmal ad acta gelegt.

Durch die Arbeiten an der aktuellen Gruppenausstellung des Fotografischen Frühschoppen kam das Thema Emulsionslift wieder hoch. In unserem erlauchten Kreis wurde sogar versucht Glas zu verwenden, leider mit demselben frustrierenden Ergebnis. Leider? Ich müsste sagen zum Glück, denn damit wurde dieser Weg als so nicht gangbar bestätigt. Im großen Pool des Halbwissens Internet gibt es ein paar Lösungen, Influencer-like ohne konkrete Beschreibung oder mit reißerischer Headline, die sich im Text als Windei entpuppt. Eine Variante zeigt zum Beispiel Acrylglas als Träger, welches nicht mit (Fenster-)Glas zu vergleichen ist. Andere reale(?) Emulsionslifte auf Glas machen keine Angaben zur Haltbarkeit nach dem Trocknen. Im Wust der pseudowissenschaftlichen Maker-Legenden taucht dann auch noch der Fujifilm FP 100c auf, der nun überhaupt nicht mit dem ‚the impossible project/Polaroid Originals‘ vergleichbar ist.

Mir ist der Zusammenhang entfallen, jedoch erinnerte ich mich bei meinen dilettantischen Basteleien, dass bedruckbare Transparentfolien für Tintenstrahldrucker auf einer Seite mit einer ‚Gelatineschicht‘ beschichtet sind. Die Schicht fängt die Tropfen auf und stabilisiert das gedruckte Bild. Ohne diese Schicht würde die gedruckte Tinte auf dem Kunststoffträger verlaufen. Und genau diese ‚Gelatineschicht‘ möchte ich als Haftvermittler für meinen Emulsionslift auf transparente Träger verwenden. Ist der Emulsionslift gelungen, wird die Folie auf Glas aufgezogen oder zwischen zwei Glasplatten gepresst. Für den letzten Fall habe ich noch vier alte Sicherheits-Glasscheiben, ca. 10 x 10 cm, die noch aus der Villa Schaf stammen und damit voll upcycling sind.

Trotz der Beschichtung trage ich auf der entsprechenden Folienseite einen dünnen Film Bastelleim auf. Nach dem Zerlegen des Sofortbildes lasse ich handwarmes Wasser über die teilweise noch weiße Rückseite laufen und versuche mit einem Pinsel die ‚Kreideschicht‘ abzuwischen. Dabei sollen ruhig Streifen stehen bleiben, soll die Wischspur des Pinsels erkennbar sein. Danach kommt das Sofortbild in eine Schale mit handwarmen Wasser und ich warte, bis sich die Schicht abgelöst hat. Da ich nicht die Ränder wegschneide, dauert dieser Vorgang seine Zeit. Auf der anderen Seite quillt die Emulsion sehr gut auf, lässt sich damit auf ca. 10 cm bringen.

Für dieses Beispiel (folge dem Link auf Instagram) lief das Ablösen und Dehnen ganz gut. Bei anderen Polaroid Originals-Materialen habe ich selbst innerhalb einer Packung ziemlich unterschiedliche Ergebnisse. Selbst beim Spiel mit der Wassertemperatur verhält sich manchmal die Emulsionsschicht störrisch, bleibt – fast – bei ihrer Ausgangsgröße stehen und die weiße ‚Kreideschicht‘ auf der Rückseite will sich nicht ablösen. Angesichts des Materialpreises ist das schon ärgerlich und jeder Emulsionslift ein sehr kostspieliges Unikats-Bingo.

Ist der Emulsionslift auf die Transparentfolie abgeschlossen, geht es ans Trocknen. Um ein Wellen der Folie zu verhindern, wird sie für die Trockenzeit gespannt. Beide Glasscheiben sind mit Spiritus oder Ähnlichem zu reinigen. Mit einem scharfen Messer wird nach dem Trocknen der Transparentfolie mit Emulsionslift das Bild mit aufgelegter Glasscheibe auf Größe geschnitten. Zwei Klammern pressen beide Glasplatten und den Innen liegenden Emulsionslift zusammen. Ich fixiere die Lagen mittels Klebeband an den Ecken und tropfe Sekundenkleber am Rand entlang. Ist der Sekundenkleber abgebunden, können die Klammern und das Klebeband entfernt werden. Jetzt sollten die Kanten und die äußeren Glasscheiben abschließend gereinigt werden.

Indirekt lässt sich der Emulsionslift mit Glas kombinieren. Weil nach Papier Glas zu Anfangszeiten der Fotografie das Trägermedium des Negativs war, muss es einen Weg geben, direkt auf Glas die Emulsion zu liften, ohne dass sie getrocknet vom Glas springt. Die Lösung könnte wieder die klassische Gelatineschicht als Haftvermittler sein. Entsprechende ‚Fotogelatine‘ gibt es zu kaufen, habe ich sogar in meinem Fablab-Atelier. Nur bin ich ehrlich gesagt zu faul, mich der Verarbeitung von Gelatine zuzuwenden. Viel lieber würde ich die Transparentfolie für Tintenstrahldrucker mit einer Fotoemulsion beschicken, belichten und entwickeln. Das müsste auch gehen …

Autor: makkerrony

Makkerrony, der Macher des Lichtbildprophet, ist ein bekennender Autodidakt, lebt in Berlin und geht seit mehr als zwanzig Jahren dem Hobby (Analog-)Fotografie nach. Sein Dilettantismus hat gereicht, in fünfzehn Jahre ca. 150 Artikel für Fotofachzeitschriften und vier Bücher, alles auf Papier gedruckt erschienen, zu schreiben. Ein Mensch behauptete mal, Makkerrony sei ein guter Fotograf, hat allerdings einen denkwürdigen Geschmack. Jemand anderes meinte, Makkerrony könne einen Haufen Hundescheisse fotografieren und es sehe gut aus. Ein Model lehnte die Arbeit mit dem Lichtbildprophet ab, weil seine Bilder so aussehen, als müsse sich das Model anstrengen.