Loblied auf die einzig wahre Kamera

Mir steht der Sinn, ein Loblied auf eine Kamera anzustimmen. Es ist keine Canonknipse, keine Nikon oder wie die anderen großen Player unter den Kamerahersteller auch heißen. Es ist eine analoge Kamera. Sie braucht keine Speicherkarte, lediglich ein passender Film ist einzulegen. Dann sind noch drei LR44-Batterien notwendig und schon kann Mensch mit ihr nach Herzenslust knipsen. Zugegeben, es ist passend zum Film noch die richtige ISO-Zahl einzustellen, ein Hebelchen auf Automatik zu stellen und eine Distanz zu wählen. Aber dann kann es endlich losgehen. Ganz einfach und bequem, ein voller Erfolg garantiert.

Die – für mich – einzig wahre Kamera kann eine Diva sein. So zickt sie bei alten ORWO NP22-Filmen rum. Ich habe keine Ahnung, vermute jedoch, dass es an der Dicke des Trägermaterials liegt. Moderne Filme nimmt sie dagegen widerspruchslos in sich auf, Hauptsache sie passen irgendwie zu den einstellbaren Empfindlichkeiten. Ich mag es mit langsamen ISO 25 zu knipsen, auch wenn das Wetter nicht danach ist. Selbst Portraitserien habe ich mit ihr aufgezeichnet. Schöner kann Unschärfe nicht sein, vor allem wenn Motiv und Kamera sich bewegen.

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Die Lichtbildschreibmaschine

Schwulstige Süßholzraspler behaupten, dass ein von ihnen geschaffenes Bild mehr als tausend Wort sagen soll. Allein der Gedanke, dass das sinnlose Digitalgeknipse a la Instagram so viele Worte hervorrufen könnte, macht dem großen Makkerrony Angst. Dabei lässt sich konstruktive Kritik mit drei bis sieben Worten kurz und knackig auf den Punkt bringen: Das Bild ist echt Scheiße! Der sensible Homo digitalis wird schockechauffiert von Mobbing und seelischer Grausamkeit stammeln, doch das ist egal. Der Verursacher der Bildergülle macht sich schließlich auch keine Gedanken darüber, welch Augenschmerzen seine produzierte Grütze bereitet.

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Lustwandeln im Mittelformatarchiv

Ich weiss gar nicht, ob und wann es in meiner dilettantischen Autodidaktenkarriere schon einmal vorgekommen ist, dass sich kein Modell für künstlerische Aufnahmen mit dem weltberühmten Makkerrony a.k.a. Lichtbildprophet gefunden hat. Es gab ein paar Anfragen, nur waren diese männlich und von den wenigen weiblichen Interessentinnen nicht wirklich Ernst gemeint.

So bleibt mir Zeit und ich nutze sie, um in meinem Mittelformatarchiv zu stöbern. Immerhin habe ich meine analoge Karriere mit dem Mittelformat begonnen und bin erst später aus Bequemlichkeit zum Kleinbild gewechselt. Über zwölf Jahre selbstgeknipstes Negativmaterial stecken in nur einem A4 Ordner. Ein Klacks, gegenüber den drei gefüllten A4-Ordnern mit Kleinbildnegativen. Hinzukommt, dass die Mittelformatnegative von mir zumeist hybrid verarbeitet sind: Negative gescannt und dann das Ergebnis mit Photoshop vergewaltigt.

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Ende Pausenbilder – Es geht analog weiter!

Am 10. August diesen Jahres zeigte der weltberühmte Lichtbildprophet hier die letzte Bildarbeit, die im mittlerweile aufgelösten Atelier Flackerlight angefertigt wurde. Es handelt sich um einen Ronymol-Abzug auf überlagertem ORWO-Dokumentenpapier. Die Aufnahme selbst ist bereits ein paar Jahre her. Anfang 2024 habe ich damit begonnen, alte Aufnahmen auf ORWO-Dokumentenpapier abzuziehen und sie auf diese Weise neu zu interpretieren. In den Prozess hinein platzte die Entscheidung, Flackerlight dichtzumachen und in unserem Betonpalast einen Raum als Heimatelier zum Knipsen und Klecksen einzurichten.

In der Folge waren seit dem 11. August 2024 hier tagtäglich eine Aufnahme aus dem digitalen Archiv des Lichtbildprophet zu sehen. Die digitalen Arbeiten standen unter dem Motto Classic Digital oder Digital Poison. Was für eine dumme Frage, vor allem auch in Hinblick um den Hype der sogenannten Künstlichen Intelligenz: Mit seinen Fehlern und Schwächen haben analoge Bilder den deutlichen größeren Gestaltungsspielraum, man muss nur die Imperfektion zulassen. Mehr geht einfach nicht, egal wie intelligent der Computer und sein Programm sein mag. Und so stellt sich bei mir schnell Verdruss ein, wie angekündigt 77 Tage hintereinander digitalen Schund und Schmutz zu zeigen.

Auch wenn beim Umzug nicht alles so lief wie geplant, war die lange Pause nicht wirklich notwendig. Anfang September entsteht die erste Bildarbeit in der neu eingerichteten Dunkelkammer und Mitte September geben wir die Räume des Atelier Flackerlight an den Vermieter zurück. Selbst ein Shooting haben die Lichtbildperle und ich gemacht, um ein erstes Gefühl für das neue Atelier und die Tageslichtsituation zu bekommen. Es kann also im Heimatelier weitergehen, wie es Mitte August im Atelier Flackerlight geendet ist:

Handgemachte Qualitätsabzüge auf überlagertem ORWO-Fotopapier von vor 1990, das seines Alters wegen in der Dunkelkammer viel Zuwendung braucht und einen anderen (analogen) Blick auf die Fotografie erfordert.

Classic Digital oder Digital Poison?

Das vierte Mal ziehe ich mit „meinem“ Atelier Flackerlight um.

Daher weiss ich: So ein Wechsel bedeutet Zeit.
Zeit des Wartens.
Zeit, Dinge erledigen zu müssen, die bei einem Umzug erledigt sein wollen.
Notgedrungen kommt es zu einer Phase der kreativen Untätigkeit: Alles abbauen, die Gelegenheit nutzen und Dinge aussortieren, alles neu aufbauen und ausprobieren.
Es gibt keinen Grund, in dieser Zeit den Lichtbildprophet pausieren zu lassen. Genügend Arbeiten aus fast 25 Jahren Hobbyistendasein sind vorhanden.

Die Kreativpause ist die Gelegenheit, ins Archiv zu blicken und anstelle analog mit dem digitalen Auge darin zu blättern. Die ersten ernsthaften Anfänge liegen über zwanzig Jahre zurück. Etwa die Hälfte der Zeit, die letzten zehn Jahre, arbeite ich fast nur noch analog.

Mit einem gewissen Schwermut blättere ich durch die bearbeiteten (digitalen) Aufnahmen. Gerne würde ich wissen, wie es dem einen oder anderen Modell heute geht. Was ist aus den Ideen und Plänen von damals geworden? Hier und da habe ich aus der Distanz etwas mitbekommen. Aber der Kontakt, so wie früher einmal, als die Bilder entstanden, ist nicht mehr da.

Siebenundsiebzig Aufnahmen werde ich in den nächsten – elf – Wochen veröffentlichen. Überwiegend digitale Fotografien, selbstverständlich mit Photoshop bearbeitet. Es sind aber auch erste hybride Arbeiten dabei, also analog fotografiert, entwickelt, digitalisiert und mit der Bildverarbeitung finalisiert.

Und um mir die Frage zu beantworten: Digitale Fotografie und Bildbearbeitung ist Gift, eine maschinelle sowie seelenlose Scharfzeichnerei, ein Gepose aus Nullen und Einser, als auch ein elendiges Pfenniggrab.