Degradiert

Sorry, aber ich komm da nicht mehr mit.

Mittlerweile habe ich es zur Kenntnis genommen, dass der Homo digitalis all den Unsinn glaubt, dem ihn das Internet zur Bestätigung seiner Meinung auftischt. Was dann noch bei Google ganz oben steht, das kann nur wahr und wahrer sein! Anders geht das doch gar nicht, sonst würde es ja nicht ganz oben auf dem Suchpodest stehen. Dem Irrglauben folgend, ist der Lichtbildprophet ein übermenschlicher Guru, der den Tag und die Nacht in seinem Atelier verbringt, die heißesten Bräute flach legt, scheiße Bilder macht und tierisch viel Blödsinn verbal absondert. Auf die Idee, es handelt sich nur um das wort- und bildgewaltige Blendwerk eines Normalo-Werktätigen, der die Wochenenden in sein Fablab flüchtet, auf die Idee kommt der bildungsbenachteiligte Internetnutzer natürlich nicht.

Ich werde angetwittert, ob ich nicht Sextoys testen und ‚positive Bewertungen‘ schreiben möchte.
Sextoys?
Ich!

Wie kommt der-, die- oder dasjenige dazu gerade mich anzusprechen? Wegen der barfüßigen Modelle, die ich ablichten darf? Es wäre nahe liegend, glaubt man Volkes Meinung, dass ein Fotoshooting mit erotischen Inhalten die pure Sexorgie ist, sich Fotograf und Model mehrfach im Laufe einer Fotosession wild verpaaren. Ich hege keinen Zweifel, dass einige Spitzenkönner ein erotisches Fotoshooting zum standesgemäßen Einreiten des Models missbrauchen, meiner Einer gehört aus Prinzip nicht dazu. Folglich werde ich die zu testenden und positiv zu bewertenden Erwachsenenspielzeuge weder privat noch bei einer Fotosession intensivst ausprobieren. Und der/die/das Spinner von Twitter wird blockiert. Ruhe ist.

Die Kinnlage fällt mir runter, als Google nach Sucheingabe ‚Lichtbildprophet‘ selbigen zum Unternehmen macht, inklusive Atelier-Adresse und privater Telefonnummer. Letztgenannte ist nicht bei Google hinterlegt, genauso wenig wie die Adresse des Ateliers. Irgend so ein schlauer Algorithmus setzt aus den Angaben des Blogs ein Profil zusammen und degradiert mein experimentell-geniales Fablab zum schnöden Unternehmen. Wie kommt die saublöde Datenkrake dazu? Zugegeben, zu erwarten ist so etwas. Facebook, Instagram, Twitter und wie sie alle heißen sind stets und ständig um meine positive Nutzererfahrung bemüht. Sie gaukeln mir eine heile Welt vor. Wer jedoch mit dem Smartphone gepudert wurde, der bekommt diesen Betrug gar nicht mit. Im Fall von Instagram steigert sich sogar die Manipulation: Der Nutzer hat keine Chance die Bilder in real geposteter Reihenfolge anzusehen.

Nun ist also der ‚Lichtbildprophet‘ nach Google’s Bot-Meinung ein Unternehmen und ich kann nichts dagegen unternehmen. Theoretisch kann ich die Löschung zum Beispiel ‚weil nicht existent‘ beantragen. Nur wie will die Suchmaschine das überprüfen? Krabbelt sie des Nachts aus ihrer Festplatte und cruist per Glasfaser nach Marzahnien? Oder schickt Google einen menschlichen Vasallen, der an der Klingeltafel schaut, ob dort irgendjemand ‚Lichtbildprophet‘ heißt? Ich bin mir bewusst, dass ein öffentlicher Blog die Konsequenz der teilweisen Deprivatisierung mit sich bringt. Nur rechnet hier ein Datengigant Eins und Eins zusammen und meint Drei im Ergebnis stehen zu haben. Nur weil ich mir als Privatperson ein Atelier leisten kann bedeutet es nicht, dass ich ein Künstlerkombinat oder Kreativunternehmen betreibe.

Mein Kopfschütteln wird umso unbeherrschter, wird der geschäftlich inaktive ‚Lichtbildprophet‘ rezensiert. Negativ und zusammenhangslos, versteht sich. Wohlgemerkt: ‚Lichtbildprophet‘ ist kein Dienstleistungsunternehmen oder ein Gewerbe, ‚Lichtbildprophet‘ ist eine Fiktive Person. Ein Alias, Fake, Möchtegern-Meistergenie, ein Avatar, das Ego eines alternden Freizeitkünstlers. Leute, wie bescheuert ist diese ach so geliebte digitale Welt? Sie hat jede Form der Bodenhaftung verloren. Es macht keinen Spaß solche Spielchen mitspielen zu müssen, die jeder Grundlage entbehren und einfach nur einer digitalen Fantasie aus Nullen und Einser entspringt.

Autor: makkerrony

Der Blog 'Lichtbildprophet' ist dem fotografischen und gemalten Bild verpflichtet, erhebt keinen Anspruch auf Perfektion und ordnet sich selbst dem Dilettantischen Depressionismus zu.