Bleib aufmerksam

Ein Geburtstagständchen in zwei Akten

Erster Akt
Der Luftschloss-Architekt verrenoviert die Schleifspur einer nackten Schnecke.
Das Edelweiß ist ohne einen einzigen Schritt dem Dunkelkammer-Bewohner zugewandert.
Zähneknirschend bietet eine Beißschiene mit Haftcreme den perfekten Halt der Zahnradbahn am Berg.
Intim im Team. Ist der Orgasmus einer Hure in Ausübung ihrer Tätigkeit ein Arbeitsunfall?
Die Schmuddelwetter-Regenjacke schützt nicht vor schlüpfrigen Witzen reifer Herren in Abendgarderobe.
Wenn die Zeit wirklich stehen bliebe, halten dann aus Solidarität alle Uhren das Fortkommen der Zeiger an?
Ein Uhrzeiger macht noch keine Zeit.
Ich ziehe die Spur im weichen Sand dem harten Stein in meinem Schuh vor.
Eine Spur, die aus der Zukunft in die Vergangenheit führt, ohne das Heute gesehen zu haben.
Ersetzt die Leiche im Keller die Taube mit der Axt oder den Zimmermann auf dem Dach?
„Wie bin ich da nur hereingeraten?“ fragte ich mich beim Malen eines endlosen Labyrinths in Lebensgröße.
Was geschieht mit Antworten, die unaufgefordert Fragen stellen?
Der Leerlauf kann nicht laufen.

Im nächsten Jahr, dem Jahr der Mimose, nehme ich nur noch Rücksicht auf euch alle, ohne dass ihr Rücksicht auf mich nehmen müsst.
Phasenweise dachte ich, nicht meinem Alter gerecht zu handeln. Doch es geht noch besser. Also schlimmer besser meine ich.
Wer hat in der Nacht Moral und Wertevorstellung um ein paar Jahrhunderte zurückgespult?
Einmal Klischeedenken ordentlich verschlagwortet und in beschriftete Kisten sortiert. Bitte.
Wir haben gemeinsam gesucht und jeder hat etwas anderes gefunden.
Der Gutmensch straft, weil klüger, als Präventation und nicht aus Rache oder Vergeltung.

„Bleib aufmerksam“ weiterlesen

Über Dinge, die sich ändern könn(t)en

Bis vor einiger Zeit hat mich „Sabine Alex“ und ihre „Mobile Dunkelkammer“ nicht einmal mit ihrem Arsch angeguckt. Heute folgt sie mir auf Instagram. Die Welt ist verrückt und die Dinge können sich eben ändern. Da fällt mir sofort „analogue now“ ein. War die zuvor genannte Dame dort nicht auch aktiv? Mit ständig wechselnder Besetzung versucht die Berliner Meute um einen Verein herum die analoge Fotografie hochzuhalten. Noch zu meiner Autorenzeiten hätte und wollte ich das positive Ansinnen sofort unterstützen. Doch man lieferte sich lieber Grabenkämpfe und ich war wohl nicht elitär genug. Entsprechend dümpelt die Truppe genüsslich vor sich hin, schmort im eigenen Saft und feiert grossartige Erfolge, die der analoge Aussenstehende nicht wahrnimmt. Manche Dinge ändern sich eben nie.

Ansichten ändern sich. Standpunkte eher selten. Meinungen ändern sich. Meinungen können sich stündlich ändern, wenn der Richtige die richtige Meinung hat, die zu meinem Gusto passt. Darf sich ein Standpunkt ändern? Ich frage jetzt nicht wegen der demonstrierten menschlichen Schwäche, die ein Standpunktwechsel für den Rest der besseren Welt offensichtlich offenbart: Da hat jemand plötzlich einen ganz anderen Standpunkt!? Fotografen müssen den Standpunkt wechseln, sonst wird es langweilig. Sind sie deshalb menschliche Schwächlinge? Interessante neue Perspektive aber menschlich absolut schwach! Den Standpunktwechsel also bitte ganz langsam und viel Geduld, so dass der Weltenrest es garnicht mitbekommt. Nur der Tod ist sofort. Oder auch gleich. Standpunktwechsel betont cremig. Daran ändert sich nichts. Er, der Tod, wartet nicht oder lässt sich absolut nicht von seinem Vorhaben abbringen. Irgendwie grausam, oder? Über alles andere lässt sich vortrefflich reden, kann durch Diskutieren ins feinste Pulver zermahlen werden, doch das Arschloch Tod ist kompromisslos konkret.

„Über Dinge, die sich ändern könn(t)en“ weiterlesen

Besuch

Wann haben wir uns eigentlich das letzte Mal gesehen?

2019 kann es nicht gewesen sein. Wir wollten mal schauen den Vergnügungspark Plänterwald zu besuchen. Es blieb bei der Absichtserklärung, was vielleicht ganz gut war. Denn so gab es heute bei unserem Wiedersehen eine warme, sehr herzliche und lange Umarmung.

Wenn aus meiner Sicht irgendetwas diese Freundschaft geprägt hat, dann war ein besonderes Treffen während meiner Chemotherapie: Alt-Marzahn, ein sonniger Tag und wir sitzen draußen auf der Bank im Dorfkern. Wir reden viel, wohl hauptsächlich über mich. Über die Krebserkrankung, Heilungschancen und vieles mehr. Für den Moment damals ist mir vieles egal, denn ich habe jemand mit dem ich reden kann.

Dabei hatten wir am Anfang unserer Freundschaft Probleme mit unserer Kommunikation. Ich glaube sie wollte, dass wir uns mehr schreiben. Dagegen hatte und habe ich etwas. Bei aller Verbundenheit und Zuneigung, es sollte etwas Besonderes bleiben, dass wir uns schreiben. Kein tägliches Update, eher die freudige Überraschung, vom jeweils anderen zu hören. Kein Schreiben des Schreibens willen.

Wir treffen uns, weil es die Zeit erlaubt und wir gemeinsam ‚Klecksen‘ wollen. Es sind meine ‚Zufallsbilder‘, die uns gegenständlich wieder zusammenbringen. Und wie wir so sitzen, Tee trinken und an einer Laugenbrezel knabbern, fällt das Thema auf das Entstehen, Gedanken und Ideen zu den Bildern. Ich gebe mich zunächst zurückhaltend. Meist wird nicht verstanden, was meine Motivation ist, dass ein Ziel oft auch erst mit der Zeit entstehen kann. Am Anfang ist alles offen, jedenfalls für mich und meine Bilder. Ich kann und möchte nicht den Planvollen geben, nur weil es nach dem großen und beherzten Künstler aussieht. Bin bin vieles, nur nicht das.

„Besuch“ weiterlesen

Fesselnde Seilschaft

Dann und wann checke ich das Internet nach ehemaligen Weggefährten ab. Also diese Kurzzeittypen, die meist mit großer Klappe vornweg sind und sich im Nachgang als Blindpese entpuppen. Solch Möchtegern gibt es einige, im Netz wahre Prinzen vor dem Herrn, im realen Leben Flachzangen aus niedrig legiertem Chinastahl.

„Fesselnde Seilschaft“ weiterlesen