Preussisch korrekt verlasse ich jeden Werktag zur selben Zeit mein Domizil. Der Grund ist nicht Perfektionsdrang, sondern Bequemlichkeit. Ohne diese Präzision müsste ich im Worst Case-Szenario 20 Minuten auf die nächste Tram warten.
Ich lebe nicht allein mit dem Problem. Anderen öffentlich Reisenden geht es genauso. Ohne uns zu kennen, kreuzen sich unsere Wege immer an derselben Stelle, zur gleichen Zeit. Wir bilden eine Fahrgemeinschaft und das mit nahezu konstanter Boshaftigkeit.
Same procedure than every working day!
Wie in jeder guten Lebensgemeinschaft bilden sich Gewohnheiten aus. Marotten von spleenig bis “man nimmt sie des geliebten Friedenswillen” hin. Dazu gehört der Stammsitzplatz. Das hat gewisse Vorteile. Ich könnte plötzlich erblindet die Tram besteigen. Gleich links sitzt die Mitfünfzigerin, die fünf Stationen später aussteigt. Wenn sie ihren Einzel-Stammplatz verlässt, wechselt Madame von der Vierer-Sitzgruppe dorthin und verlässt einen Haltepunkt vor meinem Ziel die Straßenbahn. Und so könnte ich unter allen Mitgliedern meiner anonymen Fahrgemeinschaft vorhersagen, was wann und wie geschieht.
Ausnahmen bestätigen die Regel!
Der Gemeinschaftsfrieden wird nur von Spontan-Mitfahrern gestört. Sie sind unhöflich und rücksichtslos. In meiner Kinderstube habe ich gelernt, mich als Neuling vorzustellen und jedem die Hand zu geben. So habe ich es jedenfalls damals gehalten, als ich zum ersten Mal die neue Strecke gefahren bin.