Kurzurlaub

Der Spieltrieb geht mir durch!
Leider, denn statt das Sommerwetter zu nutzen und draußen mit der Kamera wild drauf los zu knipsen, verkrümle ich mich lieber ins Atelier. Ich mache das Negativ zum Träger des Positivs und umgekehrt, verschweiße mit Gelatine unsensibilisierten ORWO Lithfilm auf ausgemustertes Tintenstrahl-Druckerpapier. Neulich war ich auf einem alten Bauernhof, habe dort alte Glasscheiben adoptiert. Ich lerne Glasschneiden, um die Platten mit flüssiger Fotoemulsion zu beschichten. Kanten schleifen, ich will mir keinen häßlichen Splitter einfangen.

Was den ORWO FU5 angeht, so liefert der ‚Lith – Selen-Tonung und Bad im Farmerschen Abschwächer‘-Prozess schon visuell Beachtliches. Bezogen auf mein Gusto, was ja nunmal sehr masseninkompatibel ist. Dabei darf der Abschwächer schon etwas stärker sein, wodurch die Verweilzeit im Bad schon recht kurz ist. Doch durch die Intensität und wenig Bewegung entstehen Schlieren, die sich im Bildausdruck hervorragend niederschlagen.

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Hart auf hart

Ich bin ja so ein kühler Extremst-Experimenteller!

Der Vollprofi sieht meine Überheblichkeit sicherlich anders, schließlich beherrscht er allein das Fach. Wenn der Vollprofi seine experimentelle Ader entdeckt, dann geht er richtig kernig zur Sache: Der Könner wechselt vom P-Modus in die manuelle Belichtungssteuerung und klebt sein Kameradisplay ab! Was sind die wahren Profis auf fotocommunity, view und flickr doch mutig.

Ich kann da nicht mithalten, denn ich krepele immer noch auf Film und Handabzügen statt auf teuerstem Tablet oder Ultra HD-TV herum. Mir tut das auch kein bisschen Leid. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal ein Update in meinen Meopta-Vergrößerer einspielen musste und wieviel mich das ganze Zubehör gekostet hat. Mein rückwärts gewandtes Tun ist nachhaltig, denn ich arbeite mit dem, was ein Meister der leidenschaftlichen Langeweile wegschmeißen würde.

Seit Monaten steht ein Karton im Büro meines Betonpalasts. In der einen Schachtel vermutete ich 18 x 24 cm-Fotoplatten. Lesen hilft auch dem Lichtbildprophet ungemein weiter: Es ist Filmmaterial auf Kunststoffträger. Gefühlt würde ich das Material in die sechziger oder siebziger Jahre des vorherigen Jahrhunderts einordnen. Perutz soll 1964 an Agfa gegangen sein, in dem Dreh denke ich auch war das Herstellungsdatum des Perulith-Films. Sieben Blatt bleiben mir. Da ist eine Belichtungsreihe was für weichgespülte Fotomuschis. Das was beim Belichten und Entwickeln schief geht, verkaufe ich als hohe Kunst. Als Stümper und Dilettant kann ich mir so etwas erlauben. Der nächste Schuss sitzt, Pyrogallol ist halt ein sehr gutmütiger Entwickler und bringt diesen gelb-grünlichen Ton ins Negativ. Die PosaNeg-Reihe ist geboren.

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164_2019

Friedemann's Gesicht

Friedemann’s Gesicht
Nr. 1940
Unikat: Handabzug auf A4 ORWO Dokumentenpapier
(c) 2019 Makkerrony

Selbstkritik
Ich bin ein Dilettant und Stümper!
Aber ein professioneller Dilettant und Stümper!

NegaPos

Auf meiner ToDo-Liste steht schon seit einiger Zeit:

Mit der Linhof auf ORWO 9×12 Fotopapier fotografieren

Das ist keine überragende Idee. Vor dem Glas und Zelluloid war lichtempfindliches Papier das Negativmedium. Nur habe ich noch einiges an 9 x 12 cm ORWO Fotopapier herumliegen, das ja irgendwie und irgendwann verbraucht werden will. Am Lichtbildpoet-Projekt arbeite ich derzeit nicht und es ist auch nicht abzusehen, ob ich mich dafür noch einmal begeistern kann. Außerdem: Gegenüber neuem Fotopapier ist das uralte ORWO Fotopapier wunderbar langsam. Da bin ich bei Bewegungsunschärfe angekommen, lege ich den fotografischen Fokus auf das Menschenbildnis.

Der erste Versuch eines Selbstbildnis scheitert. Das Licht und die Belichtungszeit sind deutlich zu gering. Während ich versuche die Kassette nachzuladen, klingt das Modell. Ich verzichte darauf mich für den nächsten Versuch wieder zu drapieren. Das darf jetzt jemand tun, der viel besser als ich aussieht. Mehr Licht, mehr Belichtungszeit und etwas Bewegung. Im Lith-Entwickler und nach ein paar bangen Minuten Wartezeit entsteht mein ‚NegaPos‚. Es bedarf einiger invertierender Blicke um zu erkennen, dass da ein barfüßig weiblich Mensch steht. Das Ergebnis sieht nicht wie ein ’normales‘ Negativ aus. Die Art und Weise der knappen Negativbelichtung, kombiniert mit dem harten Lith print, ist in meinen fotodepressionistischen Augen ein verfolgenswertes Stilmittel. Nur ärgert mich das Querformat als Vorzugsorientierung der Linhof Kardan Color 9×12.

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Alaun, Gelatine und all das andere Zeug

Da schieße ich mich auf eine indische Sorte Hadernpapier ein und der siegreiche Turbokapitalismus versagt auf ganzer Linie. Weder beim Hersteller noch über die üblich-verdächtigen Online-Vertriebskanälen ist passendes Material zu haben, ohne nicht gleich hoffnungslos zu verarmen. Ich könnte größeres Material in der gewünschten Grammatur bestellen und dann gekonnt zerschneiden. Nur bin ich gerade auf dem Trip den zerrupften Rand zu erhalten und in A4 abzuziehen. Es gibt genug andere Hersteller von Hadernpapier, doch deren Produkte sind so gnadenlos weiß und oberflächlich fein strukturiert. Papier dieser Art ist für einen elendigen Stümper zu perfekt und viel zu teuer. Dann lieber das Canson Mix Media-Papier im Börsenportal Amazon gekauft, wenn der Preis aus der aktuellen Traumwolke auf den Boden der Tatsache gefallen ist.

Nächste Woche startet analogue now mit dem Photo Weekend 2019. analogue now? Ja, das ist die Berliner Truppe, die die analoge Fotografie mit einem eigens veranstalteten Festival ganz groß herausbringen will und eher mit sich selbst als mit dem heeren Ziel beschäftigt ist. Sie sucht Helfer und verbraucht Helfer, oder ignoriert sie. Als ich noch als Autor aktiv unterwegs war, gelang es mir nicht einen Artikel zum Bemühen der Racker zu platzieren. Redaktionsmeinung: Viel Tamtam, wenig Leute und – wie bereits gesagt – die Jünger waren lieber mit sich selbst beschäftigt. Über die Jahre der Scheinexistenz des Vereins wurden Festivals abgesagt und es geschah auch nichts mehr. Nun ein neuer Anlauf und lasst mich raten: Viel Zeit investiert und ein lahmes Programm weniger Selbstdarsteller. Kurz um: Ein Besuch lohnt sich nicht, es sei denn, man möchte den selbstverliebten Dinos bei deren Untergang zusehen.

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